Christoph Schalast  Jörg Keibel (Hg.)

Erneuerbare Energien

 
Cross-Border-Strategien und Länderberichte
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ISBN 978-3-940913-63-0 (Print)
ISBN 978-3-95647-030-1 (PDF)
ISBN 978-3-95647-031-8 (ePub)
ISBN 978-3-95647-032-5 (Mobi)
1. Auflage 2014  © Frankfurt School Verlag GmbH, Sonnemannstraße 9-11, 60314 Frankfurt am Main

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort: Erneuerbare Energien in der EU bis 2020 und danach (Günther H. Oettinger)
Vorwort/Preface
Herausgeber
Autorenverzeichnis
Die Rolle des Staates bei der Finanzierung Erneuerbarer Energien
Gerhard Schick/Jakob Ache
I Joint Venture
Joint Venture – die Form der internationalen Zusammenarbeit
Antje Becker-Boley/Johannes Joepgen
Vertragsgestaltung im Joint Venture
Alexander Dlouhy
Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bei internationalen Joint Ventures
Michael Schneider/Peter Koch
Joint Ventures unter Beteiligung der öffentlichen Hand – rechtliche und steuerliche Aspekte
Ralph Becker/Patrick Sinewe/Henning Frase
Erneuerbare Energien und öffentliche Hand – Vergabe- und kommunales Wirtschaftsrecht
Christian Braun
II Finanzierung
Internationale Projektfinanzierung
Peter Seemann/Indre Waschkeit
Risikomanagement bei Projektfinanzierungen
Jörg Böttcher
Rating von Photovoltaikanlagen
Frank Buchheit/Andreas Johannes Löw
III Recht und Steuern
Legal Due Diligence unter internationalen Projektpartnern
Marc Baltus/Lars Wildhagen
Projektkäufe und -verkäufe (M&A)
Carsten Bartholl/Tillmann Pfeifer
Outbound Investments in Photovoltaikanlagen über eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft
Marc Fellner/Carsten B. Hohmann
Der Transaktionsprozess beim Erwerb von Offshore-Windparks aus rechtlicher Sicht
Oliver Kunert
Internationale Aspekte der Projektverträge bei Offshore-Windanlagen
Holger Kraft/Tim Weber
Planung und Zulassung von Offshore-Windenergieanlagen
Martin Wickel/Christin Mielke
Steuerliche Behandlung von Offshore-Windkraftanlagen – Ertragshoheit der Gewerbesteuer auf hoher See
Falko Tappen/Elnaz Mehrkhah
Arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Krise
Sascha Morgenroth/Johannes Wolz
IV Länderberichte
Einspeise-Regime in Europa im Überblick
Thorsten M. Volz/Martin Langner
Erneuerbare Energien im Erzeugungs-Portfolio der europäischen Stromwirtschaft
Susanne Nies
Investitionen in Erneuerbare Energien in der Schweiz
Michael Waldner/Stefan Rechsteiner
Förderung der Erneuerbaren Energien in Polen
Christian Schnell
Renewable Energy in the Czech Republic
Roman Št’astný/Eva Haisová
Renewable Energies in Argentina
Mariana Ardizzone

Geleitwort: Erneuerbare Energien in der EU bis 2020 und danach (Günther H. Oettinger)

Im Jahr 2009 haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Ziel gesetzt, ihren Energiebedarf bis 2020 zu 20% mit Erneuerbaren Energien zu decken. Über drei Jahre später arbeiten wir noch immer daran, dieses Ziel zu erreichen. Unserer jüngster Bericht über Erneuerbare Energien lässt zwar Fortschritte bis zum Jahr 2010 erkennen, gibt aber auch Anlass zur Sorge für die Zukunft: die Umsetzung der Richtlinie von 2009 über Erneuerbare Energien hat mehr Zeit in Anspruch genommen als vorgesehen, wobei auch die derzeitige Wirtschaftskrise in Europa eine Rolle gespielt hat.
Da der indikative Kurs für die letztendliche Erreichung der Ziele mit der Zeit einen steileren Verlauf nimmt, verlangt das von den meisten Mitgliedstaaten in Wirklichkeit in den kommenden Jahren größere Anstrengungen. Nur mit den derzeitigen Strategien allein wird es in den meisten Mitgliedstaaten nicht möglich sein, die erforderliche Verbreitung der Erneuerbaren Energien anzustoßen. Die Mitgliedstaaten werden also zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, um den Kurs in den kommenden Jahren einzuhalten.
Um einen funktionierenden Markt zu gewährleisten, müssen wir aber nicht nur in die Energieerzeugung aus Erneuerbare-Energie-Trägern investieren, sondern auch in die Netze:
Alle EU-Mitgliedstaaten werden ihre Kapazitäten an Erneuerbaren Energien ausbauen, und wir müssen dafür sorgen, dass es durch die staatliche Förderung in einem Land anderswo nicht schwieriger und unrentabel wird, den Anteil der Erneuerbaren Energien zu steigern. Außerdem müssen sich die Erneuerbaren Energien eines Tages im offenen Wettbewerb gegen andere Energieträger behaupten können.
Es ist durchaus richtig, dass wir sie als junge Technologie mit öffentlichen Mitteln fördern, aber wir können kein System zulassen, das zu stark auf derartige Unterstützung angewiesen ist, da dies nicht tragfähig wäre.
Der Schlüssel zum Erfolg ist ein System, das Investoren Sicherheit bietet. Die meisten Mittel für den Umbau unseres Energiesystems werden aus privaten Quellen kommen und die Regierungen müssen Signale an die Investoren senden, dass sie mit einer guten Rentabilität rechnen können, wenn sie sich für europäische Energieprojekte entscheiden. In der Zeit nach 2020 wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien ohne einen geeigneten Rahmen einen Einbruch erleben. Darum müssen wir einen Rahmen für 2030 festlegen. Im März 2013 haben wir ein Grünbuch vorgelegt, das mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten erörtert wird, bevor ein konkreter Vorschlag erfolgt. Eine der zentralen Fragen besteht darin, ob wir – wie für 2020 – ein verbindliches Ziel für Erneuerbare Energien oder lediglich ein technologieneutrales Ziel für CO2 vorgeben sollten.
Man kann sich fragen: „Warum eigentlich Erneuerbare Energien?“ Die Antwort ist einfach: Mehrere Studien zeigen, dass der kosteneffektivste Weg zu einem Energiesektor mit weniger CO2-Emissionen über einen diversifizierten Mix kohlenstoffarmer Energiequellen führt. Dazu sind erhebliche Investitionen in die Energieinfrastruktur in ganz Europa notwendig und unsere Analysen besagen, dass es am kosteneffektivsten ist, so früh wie möglich damit zu beginnen.
In der Tat werden sich Infrastrukturinvestitionen im großen Maßstab für die europäische Wirtschaft lohnen, da sie zur Schaffung von Arbeitsplätzen für den Aufbau und den Betrieb der neuen Systeme und damit zu einer Belebung der Wirtschaft führen werden. Darum darf man nicht vergessen, dass „grünes Wachstum“ nicht einfach die Verbreitung grüner Technologien bezeichnet, sondern das Wachstum der gesamten Wirtschaft dank grüner Projekte.
Brüssel, im April 2014 Günther H. Oettinger
EU-Kommissar für Energie

Vorwort/Preface

Die Branche der Erneuerbaren Energien befindet sich im Wandel. Aus einem Spezialgebiet mit Zukunftspotenzial wurde – insbesondere während der letzten fünf Jahre – ein stark expandierendes Geschäftsfeld mit zunehmender Internationalisierung. Der deutsche Markt, ursprünglich eine Keimzelle der „Grünen Energie“, sieht sich einer immer stärker werdenden Zentrifugalkraft ausgesetzt, die alle Akteure in ihrer Kreativität und Professionalität herausfordert. Sinkende Einspeisevergütung, Marktintegration und attraktive ausländische Investitionsziele führen zu existentiellen unternehmerischen Fragen.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns als Herausgeber gemeinsam mit dem Frankfurt School Verlag entschlossen, einen Sammelband herauszugeben, der sich mit dem internationalen Projektmanagement im Bereich der Erneuerbaren Energien auseinandersetzt. Das Werk richtet den Blick auf den Investitionsprozess und ist getragen von den praktischen Erfahrungen der mitwirkenden Experten. Er weist eine inhaltliche Präzision auf, die über ein gewöhnliches Praxishandbuch hinausweist, ohne sich im Wissenschaftlichen zu verfangen.
Zu Wort kommen Experten aus den Bereichen Recht, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Im Fokus stehen insbesondere die Themen Akquisition, Finanzierung, Kooperationsmodelle, Sicherung von Know-how, Due Diligence, Prozesse und Restrukturierung sowie Fragen des Aufsichtsrechts (jeweils mit ihren internationalen Bezügen).
 
The renewable energy sector is in a state of flux. In the last five years in particular, this once potential-laden niche area has rapidly expanded and is now an increasingly internationalized business segment. The surge in the German market, which was the nucleus of green energy, is throwing up significant challenges to the creativity and professionalism of all stakeholders. Fundamental commercial questions are being asked as a result of sinking feed-in tariffs, market integration and lucrative foreign investment opportunities.
Within this context, we as editors along with the Frankfurt School Verlag decided to publish a collection of essays examining international project management in the area of renewable energies. The book focuses on the investment process and draws on the practical experience of leading experts. Whilst the book contains more detail than a typical practical handbook, it refrains from engaging in depth with scientific issues.
Contributors include experts from the fields of law, economics, politics and science. There is a particular focus on the issues of acquisition, financing, cooperation models, the securing of know-how, due diligence, processes, restructuring and questions of regulatory law (in each case including the international context).
Das Werk wendet sich an alle Akteure der Wertschöpfungskette im Bereich der Erneuerbaren Energien: Planer, Gutachter, Projektentwickler, Investoren, Lieferanten, Dienstleister, Energieversorger (einschließlich Stadtwerke), Netzbetreiber, Banken, Versicherer und die jeweiligen Berater.
Wir danken den Autorinnen und Autoren für ihre informativen, aufschlussreichen Beiträge, und hoffen, dass die Leserinnen und Leser diese als ebenso bereichernd empfinden wie die Herausgeber. Wir danken den Mitarbeitern des Frankfurt School Verlag, insbesondere Herrn Dr. Thomas Lorenz, für ihre fachkundige und geduldige Unterstützung.
 
This book is directed towards all stakeholders in the renewable energies value creation chain: planners, surveyors, project developers, investors, suppliers, service providers, energy suppliers (including municipal energy suppliers), network operators, banks, insurers and the relevant advisers.
We thank the authors for their informative and illuminating contributions and hope that our readers find them as enlightening as the publishers do. We would also like to express our gratitude to our colleagues from the Frankfurt School Verlag, especially Dr. Thomas Lorenz, for the knowledgeable and patient support.
Frankfurt am Main, im Juli 2014 Prof. Dr. Falko Tappen
Dr. Peter Nagel, LL.M.

Herausgeber

Dr. Peter Nagel, LL.M. (University of Michigan)
nagel.jpgDr. Peter Nagel ist Rechtsanwalt bei einer internationalen Rechtsanwaltssozietät in Frankfurt am Main und verantwortet den Bereich Erneuerbare Energien an der Schnittstelle zum Handels- und Gesellschaftsrecht.
Peter Nagel studierte Rechtswissenschaft in Leipzig, Speyer, Washington D.C. und Ann Arbor (University of Michigan). Nach seiner Promotion war er mehrere Jahre als Richter tätig und wechselte später in das Sächsische Staatsministerium der Justiz. 2007 wurde Peter Nagel als Rechtsanwalt zugelassen.
Peter Nagel ist Autor zahlreicher rechtswissenschaftlicher Fachbeiträge und Herausgeber sowie Autor mehrerer Bücher.
Prof. Dr. Falko Tappen
tappen.jpgProf. Dr. Falko Tappen ist Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater bei einer internationalen Rechtsanwaltssozietät in Frankfurt am Main sowie Inhaber der Professur für Ertragsteuern und Verkehrsteuern im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Fachhochschule Worms.
Falko Tappen erwarb seinen Universitätsabschluss von der Universität Heidelberg, wo er auch promoviert wurde. Er widmet sich dem Bereich Erneuerbare Energien aus mikroökonomischer Sicht mit den Schwerpunkten Steuern und Finanzierung.
Falko Tappen ist Autor zahlreicher Fachpublikationen und Herausgeber mehrerer Bücher. Zudem ist er als Sachverständiger für den Deutschen Bundestag tätig.

Autorenverzeichnis

Jakob Ache
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Deutscher Bundestag, Berlin
Marianna Ardizzone
LL.M. (University of Michigan), Rechtsanwältin, Partnerin, Maciel, Norman & Asociados Abogados, Buenos Aires
Marc Baltus
Rechtsanwalt, Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf
Carsten Bartholl
Rechtsanwalt, Partner, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft, Hamburg
Dr. Ralph A. Becker
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner, Andreas & Partner Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater, Frankfurt am Main
Dr. Antje Becker-Boley
Rechtsanwältin, Partnerin, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB, Stuttgart
Dr. Jörg Böttcher
Dipl. Ökonom, Senior Vice President, HSH Nordbank AG, Kiel
Dr. Christian Braun
Rechtsanwalt, Partner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Braun & Zwetkow Rechtsanwälte, Leipzig
Frank Buchheit
Vorstand (CRO), levoBank eG, Lebach
Dr. Alexander Dlouhy
LL.M. (McGeorge, USA), Rechtsanwalt, Partner, Osborne Clarke, Köln
Marc Fellner
Rechtsanwalt, Steuerberater, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main
Dr. Henning Frase
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Bird & Bird LLP, Frankfurt am Main
Eva Haisová
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, JŠK, advokátní kancelár, s.r.o., Prag
Carsten B. Hohmann
LL.M. (New York University), Rechtsanwalt, Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten, London
Dr. Johannes Joepgen
Rechtsanwalt, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB, Stuttgart
Dr. Peter Koch
LL.M., Rechtsanwalt, Wragge & Co LLP, München
Dr. Holger Kraft
Rechtsanwalt, Partner, CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB, Hamburg
Dr. Oliver Kunert
Rechtsanwalt, PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Hamburg
Martin Langner
Rechtsanwalt, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Düsseldorf
Andreas Johannes Löw
Dipl.-Betriebswirt (FH)/Master of Arts, Marktfolge Aktiv, levoBank eG, Lebach
Elnaz Mehrkhah
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Doktorandin, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main
Christin Mielke
Rechtsanwältin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, HafenCity Universität Hamburg, Hamburg
Dr. Sascha Morgenroth
LL.M. (Austin), Rechtsanwalt, Counsel, Fachanwalt für Arbeitsrecht, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main
Dr. Susanne Nies
Head of Energy Policy & Generation Unit, EURELECTRIC AISBL, Brüssel
Dr. Tillmann Pfeifer
Rechtsanwalt, Partner, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft, Hamburg
Dr. Stefan Rechsteiner
Rechtsanwalt, Partner, VISCHER AG, Zürich
Dr. Gerhard Schick
Bundestagsabgeordneter, Finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Berlin
Dr. Michael Schneider
Rechtsanwalt, Partner, Wragge & Co LLP, München
Dr. Christian Schnell
Rechtsanwalt, Radca Prawny, Partner, DMS Legal, Warschau
Dr. Peter Seemann
LL.M. (University of Essex), Rechtsanwalt, Partner, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft, Hamburg
Prof. Dr. Patrick Sinewe
Steuerberater, Inhaber der Professur für Steuerrecht, Fachhochschule Worms, Worms; Partner, Bird & Bird LLP, Frankfurt am Main
Roman Št’astný
LL.M. (University of Michigan), Rechtsanwalt, Partner, JŠK, advokátní kancelár, s.r.o., Prag
Prof. Dr. Falko Tappen
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Inhaber der Professur für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Fachhochschule Worms, Worms
Dr. Thorsten M. Volz
Rechtsanwalt, Leiter der Practice Group Energiewirtschaft & Rohstoffe, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Düsseldorf
Michael Waldner
Rechtsanwalt, Dipl. Natw. ETH, LL.M., VISCHER AG, Zürich
Dr. Indre Waschkeit
M. Jur. (Oxford), Rechtsanwältin, Counsel, Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft, Hamburg
Dr. Tim Weber
Rechtsanwalt, Partner, Gleiss Lutz, Frankfurt am Main
Prof. Dr. Martin Wickel
LL.M. (University of Michigan), Professur für Planungsrecht, Umweltrecht, Verwaltungs- und Verfassungsrecht, HafenCity Universität Hamburg, Hamburg; Präsident der Deutschen Dekane- und Abteilungsleiterkonferenz für Architektur, Raumplanung und Landschaftsarchitektur, Hamburg
Dr. Lars Wildhagen
Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Düsseldorf
Johannes Wolz
Rechtsanwalt, Associate, DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main

Die Rolle des Staates bei der Finanzierung Erneuerbarer Energien

Gerhard Schick/Jakob Ache
 
1  
Einleitung
2  
Transparenz und Orientierung
3  
Standardisierte Berichtspflichten
4  
Schaffung von Anreizen im Kapitalmarktrecht
5  
Finanzmarktregulierung, Anlegerschutz, Investitionen in die Energiewende
6  
Die Rolle des Staates und öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute
7  
Förderung eines aktiven Aktionärstums
8  
Fazit
Literatur

1  Einleitung

„Scheitert die Energiewende an einer Kreditklemme?“, fragte das Handelsblatt Anfang 2012.[1] Diese Frage steht nach wie vor im Raum. Das Bundesumweltministerium schätzt das notwendige Investitionsvolumen in den nächsten zehn Jahren auf rund 200 Mrd. EUR, soll der Anteil Erneuerbarer Energien in Deutschland verdoppelt werden.[2] Andere Quellen gehen von noch höheren Beträgen für die Finanzierung der Energiewende aus.[3] Auf globaler Ebene hatte der Stern-Report[4] die jährlichen Kosten für Maßnahmen zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration auf 500 Mrd. USD beziffert, während das jüngste Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für globale Umweltfragen sogar davon ausgeht, dass weltweit jedes Jahr rund 1 Bio. USD investiert werden müssten, um die Energieerzeugung klimafreundlich umzubauen.[5]
Es wird der öffentlichen Hand nicht möglich sein, diese Summen alleine aufzubringen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Schuldenbremsen. Deswegen ist es notwendig, sich die Frage zu stellen, wie der Investitionsbedarf für Klimaschutz und Energiewende auch durch die privaten Kapitalmarktakteure gedeckt werden kann.
In Deutschland besteht auf diesem Feld jedoch großer Nachholbedarf: Der Anteil der so genannten nachhaltigen Geldanlagen wächst zwar, im Jahr 2012 immerhin um 11% auf rund 63 Mrd. EUR.[6] Doch gemessen am gesamten Geldanlagevolumen der Deutschen von rund 4,8 Bio. EUR befinden sich nachhaltige Anlagen mit nicht einmal 1,5% des Marktanteils nach wie vor in einer Nische. Dies gilt auch im europäischen Vergleich – denn in Europa sind rund 5 Bio. EUR nachhaltig angelegt, zu denen der deutsche Markt damit kaum beiträgt.
Zwar erleben die Nachhaltigkeitsbanken in Deutschland zurzeit einen Boom – jedoch von einem sehr geringen Niveau ausgehend. So sieht die Situation etwa in Großbritannien oder Frankreich ganz anders aus, wo jeweils rund 30% aller Geldanlagen nachhaltig angelegt sind.[7] Auch wenn nicht jeder Euro, der in den Klimaschutz fließt, notwendigerweise aus einem Nachhaltigkeitsfonds stammt, so wäre doch die Erhöhung des Anteils am Gesamtmarkt ein wichtiger Beitrag zur Finanzierung der Energiewende.
Unterschiedlichen Studien zufolge interessieren sich rund 40% der deutschen Anleger grundsätzlich für nachhaltige Investitionen[8] – ein riesiges Potenzial, das aber heute nicht einmal annähernd ausgeschöpft wird. Wie also können in Deutschland die Finanzmärkte zu einem effektiven Hebel für mehr Klimaschutz werden? Welche Hürden können abgebaut, welche Anreize gesetzt werden, damit es eben nicht zu einer „Kreditklemme“ kommt? Diesen Fragen widmet sich der vorliegende Beitrag.
Dabei geht es weniger um die Frage, wie größere Volumina von privaten und institutionellen Investoren in nachhaltige Anlagen gelenkt werden oder wie Anreize für Banken und Versicherungen geschaffen werden können, mit ihren Aktiva zur Finanzierung der Energiewende beizutragen, als vielmehr hauptsächlich darum, die Märkte so weiterzuentwickeln, dass aus dem Interesse von Anlegerseite einerseits und dem Bedarf der Finanzierung realwirtschaftlicher Investitionen andererseits auch tatsächliche Investitionen entstehen können.
Bewusst werden hier finanzielle Anreize ausgeklammert, da deren Umsetzungsmöglichkeiten angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte fraglich scheinen und zudem wirksame Möglichkeiten vorhanden sind, auch ohne staatliche Subventionen mehr privates Kapital in die Energiewende zu lenken. Zudem existiert mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland bereits ein Instrument der direkten Förderung regenerativer Energien. Es soll hier stattdessen darum gehen, wie das genannte Ziel mit Ordnungspolitik und marktwirtschaftlichen Regeln erreicht werden kann.

2  Transparenz und Orientierung

Wer heute sein Geld als privater oder institutioneller Investor nachhaltig bzw. klimafreundlich anlegen will, steht vor einem erheblichen Transparenzproblem. So unterliegt etwa der Begriff der nachhaltigen Geldanlage keinerlei Definition – er darf frei und damit beliebig verwendet werden. Dies führt beispielsweise dazu, dass zehn der wichtigsten Fonds, die den Nachhaltigkeitsbegriff im Namen tragen, allesamt in Firmen der Öl- und Gasindustrie investiert haben, wie eine Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gezeigt hat.[9]
Allgemein wird unter einer nachhaltigen Geldanlage die Berücksichtigung der so genannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) verstanden. Diese Bereiche sind nicht notwendigerweise kumulativ, zudem gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte: Mit Negativkriterien können bestimmte Branchen, wie etwa die Öl- oder Kohleindustrie, von einer Investition ausgeschlossen werden. Bei der Anwendung von Positivkriterien wird sichergestellt, dass nur in Unternehmen investiert wird, die bestimmten Kriterien, etwa in Bezug auf einen Beitrag zur Energiewende, genügen. Schließlich kann nachhaltiges Investment auch bedeuten, dass man jeweils die ökologisch Besten aus einer Branche auswählt und so ein Portfolio über alle oder mehrere Branchen hinweg zusammenstellt.
Nicht jede nachhaltige Geldanlage ist demzufolge eine, die zur Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien beiträgt. Doch in diesem Markt liegt das Potenzial, dass Kapital genau dorthin fließt. Dafür braucht es zunächst einmal Transparenz – jeder Anleger, sei es ein privater oder institutioneller, muss nachvollziehen können, wohin sein Geld fließt und welche Klimawirkung damit erzeugt wird. Gegenwärtig können Anleger i.d.R. keine grundsätzlichen oder systematischen Informationen zur Klimawirkung und zu dem Klimarisiko ihrer Finanzanlage erhalten. Zwar gibt es freiwillige Initiativen wie das Eurosif-Transparenzsiegel oder das Carbon Disclosure Project (CDP), das Unternehmen danach befragt, wie sie mit Klimarisiken umgehen. Dies ist ein guter Anfang – doch können so bei weitem nicht alle Unternehmen abgedeckt werden.
Zudem beruhen die Angaben auf Selbstauskünften der Unternehmen und sind außerdem nicht immer vergleichbar. Notwendig ist daher ein quantitativer Ausweis der Klimawirkung und des -risikos einer Geldanlage für Anleger, also die relativen Emissionszahlen bzw. CO2-Äquivalente. Für Kapitalanlagen, die nicht auf spezifische Unternehmen zurückgeführt werden können – beispielsweise Staatsanleihen oder öffentliche Pfandbriefe –, kann auf nationale Emissionen zurückgegriffen werden. Mittelfristig sollten alle Investmentfonds der Pflicht unterliegen, einmal jährlich die direkten Treibhausgasemissionen von im Portfolio befindlichen Aktien, Unternehmensanteilen bzw. -finanzierungen im Verhältnis zum Portfoliowert auszuweisen.
Diese Transparenz ist notwendige Voraussetzung dafür, dass Anleger die Klimawirkung einer Investition einschätzen können. Sie reicht aber noch nicht aus, um gerade Privatanlegern, die ihr Kapital nachhaltig anlegen möchten, eine schnelle Orientierung zu verschaffen. Deshalb ist in einem weiteren Schritt eine Definition von Mindestkriterien für nachhaltige Geldanlagen notwendig, die die wichtigsten Ausschlusskriterien (bspw. bezüglich der Investition in die Kohleindustrie) sowie die Einhaltung bestimmter Mindestumweltstandards umfasst. Damit ist sichergestellt, dass sich nur solche Geldanlagen nachhaltig nennen dürfen, die auch tatsächlich nur so investieren, dass der Berücksichtigung dieses Begriffs Rechnung getragen wird.
Um über diese Mindestkriterien hinauszugehen, bietet sich ein Label für nachhaltige Finanzprodukte an, das nach verschiedenen Stufen differenziert werden kann, abhängig beispielsweise davon, ob lediglich bestimmte Investitionen ausgeschlossen werden oder gezielt in den Klimaschutz investiert wird. Ein solches Label – von der Intention her vergleichbar mit Siegeln im Lebensmittelbereich – würde eine erhebliche Komplexitätsreduktion für Privatanleger und Berater darstellen, die heute oft damit überfordert sind, ihr Portfolio tatsächlich nachhaltig auszurichten. Schon heute bieten die so genannte Matrix und die Nachhaltigkeitsprofile des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) eine Orientierung, die in diese Richtung geht.[10] Doch um Vertrauen zu garantieren und die heute sehr geringe Marktdurchdringung zu erhöhen, müsste ein solches Siegel nicht von der Branche selbst, sondern von staatlicher Seite erstellt und vergeben werden, in Zusammenarbeit mit den Anbietern, mit Verbraucherverbänden und Nichtregierungsorganisationen.
In einer Untersuchung haben über drei Viertel der Befragten angegeben, keine ausreichenden Informationen zum Thema nachhaltige Geldanlagen zu haben bzw. nicht gewusst, wo Nachhaltigkeitsfonds überhaupt zu erwerben sind. Wiederum die Hälfte davon gibt an, dass dieses Informationsdefizit der Hinderungsgrund für sie sei, eine nachhaltige Geldanlage zu tätigen.[11] Deshalb ist die Herstellung von Transparenz und die Bereitstellung von Informationen ein entscheidender Schritt zur Mobilisierung privaten Kapitals für die Energiewende.

3  Standardisierte Berichtspflichten

Wie aber können Unternehmen bewertet werden, damit entschieden werden kann, ob eine entsprechende Investition tatsächlich als nachhaltig zu bezeichnen ist? Notwendig sind dafür nicht allein die reinen Emissionszahlen, vielmehr ist eine verbindliche Ergänzung der Unternehmensberichterstattung um vergleichbare, nachprüfbare und verbindliche Klima- und Umweltindikatoren elementare Grundvoraussetzung. Nur so kann gewährleistet werden, dass Investoren ökologische Kriterien bei ihrer Anlageentscheidung vollständig berücksichtigen können. Axel Hesse, der u.a. das Bundesumweltministerium in Fragen nachhaltiger Investments berät, erachtet solche Berichtspflichten als „sehr, sehr wichtig“.[12]
Auch hier gibt es heute bereits verschiedene freiwillige Initiativen, etwa die Global Reporting Inititiative (GRI). Bei deren Richtlinien handelt es sich um ein freiwilliges, global anwendbares Rahmenwerk, das über 120 Indikatoren und Kennzahlen zu wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten der Unternehmen vorschlägt. Doch auch hier ist die Qualität und die Vergleichbarkeit der veröffentlichten Daten nicht sichergestellt.
Deswegen ist eine verpflichtende Klimaberichterstattung, die nach Größe der Unternehmen gestaffelt sein könnte, zwingend notwendig. Diese Forderung kommt mittlerweile sogar aus der Finanzwirtschaft selbst.[13] Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) fordert eine „Verbesserung der Offenlegung nichtfinanzieller Informationen“ und die „Schaffung weltweit einheitlicher Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung“.[14]
Die Unternehmensberichterstattungen müssen so gestaltet sein, dass die umwelt- und klimarelevanten Informationen vergleichbar sind mit denen anderer Unternehmen. Dann kann der Anleger nach einem umfassenden Bild entscheiden, wo er sein Geld investiert. Auch für die betriebswirtschaftliche Zukunft von Unternehmen ist die Klimapolitik relevant, denn wer eine große Menge an Emissionen ausstößt, wird sich künftig vermehrt mit entsprechenden Verschmutzungsscheinen eindecken müssen – was nichts anderes als zusätzliche Kosten für das Unternehmen bedeutet. Ressourceneffizient wirtschaftende Unternehmen hingegen werden einen Wettbewerbsvorteil haben.
Zwar fertigen die großen, börsennotierten Publikumsgesellschaften bereits heute Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichte an. Diese Berichte werden allerdings eher als Marketinginstrument genutzt, um nach außen als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen wahrgenommen zu werden oder um unternehmensinternen Verpflichtungen zur Corporate Social Responsibility (CSR) gerecht zu werden. Da es keinen Berichtsstandard gibt, entscheidet das berichtende Unternehmen selbst über den Inhalt. In der Folge kommt es heute zu einer uneinheitlichen Berichterstattung von Umwelt-, Klima- und Nachhaltigkeitsaspekten mit unterschiedlicher Detailtiefe. Die insbesondere für die Finanzanalyse erforderliche Vergleichbarkeit von veröffentlichten Daten ist nicht gewährleistet. Deshalb braucht es eine Standardisierung solcher nichtfinanzieller Schlüsselindikatoren.
Da sich Kriterien der Nachhaltigkeitsberichterstattung je nach Branche teilweise stark unterscheiden, sollte es eine Mischung aus branchenübergreifenden und branchenspezifischen Indikatoren geben. Branchenübergreifende Basisindikatoren erlauben dabei eine allgemeine Vergleichbarkeit, wie sie für die Entwicklung von Indizes erforderlich ist. Branchenspezifische Indikatoren identifizieren die jeweils relevanten Größen einer Branche. Dies ermöglicht Investoren und Analysten, die ökologisch Besten einer Branche zu identifizieren und entsprechende Anlageentscheidungen zu treffen.
Denkbar sind dabei sowohl quantitative als auch qualitative Basisindikatoren, die gesetzlich verpflichtend und standardisiert in den Lagebericht des Geschäftsberichts aufgenommen und deren Einhaltungen kontrolliert werden.
Die EU-Kommission fordert bereits seit dem Jahr 2001 eine solche Berücksichtigung von Umweltaspekten im Jahresabschluss und im Lagebericht von Unternehmen. Eine europaweit harmonisierte Finanzberichterstattung mit Blick auf Umweltfragen würde Anlegern Vergleichbarkeit von Unternehmen auch über Landesgrenzen hinweg ermöglichen.
In Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Schweden – also Staaten mit einem deutlich höheren Anteil an nachhaltigen Geldanlagen – sind solche Berichtspflichten bereits Standard und gesetzlich verankert. In Frankreich betreffen die Berichtspflichten sogar Zulieferer und Subunternehmer des berichtenden Unternehmens. Will Deutschland in puncto nachhaltige Investitionen zu diesen Ländern aufschließen, ist die Einführung standardisierter Berichtspflichten der Unternehmen notwendige Voraussetzung.

4  Schaffung von Anreizen im Kapitalmarktrecht

Einer Studie von 2011 zufolge haben fast 60% der Deutschen noch nie von nachhaltigen Geldanlagen gehört.[15] Als Hindernis wurde insbesondere angegeben, dass ihnen ein solches Investment bislang nicht konkret angeboten wurde. Damit sich die rund 40% der Anleger, die auf Nachfrage eine solche Anlage grundsätzlich befürworten, auch tatsächlich für ein nachhaltiges Investment entscheiden, müssen sie daher bei den Anlegern bekannter werden, um den Kunden tatsächlich die Entscheidung zu überlassen.
Heute aber werden nachhaltige Geldanlagen in Finanzberatungen i.d.R. nicht von Beraterseite aus angeboten. Dies ließe sich ändern, indem die Kundenberatung bei allen Verkäufen von Finanzdienstleistungsprodukten auch die Nachhaltigkeitsdimension umfasst. Die Vertriebsvorschriften für alle Produkte im Banken-, Wertpapier- und Versicherungsbereich (bspw. Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), Kreditwesengesetz (KWG), Versicherungsvertragsgesetz (VVG), Investmentgesetz (InvG)) sollten daher dahingehend geändert werden, dass im Beratungsgespräch auf die Möglichkeit der Berücksichtigung nicht-finanzieller Kriterien bei der Geldanlage hingewiesen werden muss und gefragt wird, inwieweit der Kunde sie bei der Auswahl des Finanzprodukts berücksichtigen will. Im Produkt- bzw. Vermögensanlageninformationsblatt eines jeden Finanzproduktes müssen auch Kennzahlen zu den ökologischen und sozialen Auswirkungen der Geldanlage enthalten sein.
Transparenz muss aber auch nach dem Vertragsabschluss gewährleistet werden. Deshalb sollten bei allen Versicherungen mit einem Aufbau eines Kapitalstocks (Lebens-, Renten-, Berufsunfähigkeits-, private Kranken- oder Pflegeversicherung) die einzelnen Versicherungsnehmer jährlich und schriftlich darüber unterrichtet werden, ob und wie ökologische, ethische und soziale Belange bei der Verwendung der eingezahlten Versicherungsbeiträge berücksichtigt werden.
Eine besondere Rolle spielt hierbei die Altersvorsorge, denn die wachsende Notwendigkeit privater Vorsorge verstärkt die private Vermögensbildung: Offenlegungspflichten für nachhaltige Aspekte bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge haben in vielen europäischen Ländern zu einem Schub nachhaltiger Geldanlagen geführt. Dies betrifft etwa die französischen Reservefonds der Rentenversicherung; in Großbritannien hat sich ein aktiveres Aktionärstum bei Altersvorsorgefonds gebildet. In Deutschland hingegen liegt dieser Markt noch beinahe brach: Es gibt nur zwei Altersvorsorgeangebote, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, und ihr Prämienvolumen fällt dabei mit 70 Mio. EUR sehr gering aus. Lediglich etwa 1,8% der nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland ist in Rentenfonds investiert.[16]
In Deutschland gibt es zwar bei der Riester-Rente offiziell eine Berichtspflicht über ökologische, soziale und ethische Kriterien, doch hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) den Anbietern zunächst die Möglichkeit eingeräumt, nur einmal anzugeben, dass ihre Produkte keine nachhaltige Dimension haben. Dies führte dazu, dass die zwischen 2001 und 2004 zertifizierten Riester-Renten-Produkte – und das sind die meisten – nahezu komplett nicht-nachhaltig sind.
Angesichts der Tatsache, dass viele Altersvorsorgefonds entweder – etwa bei Beamtenpensionen – direkt dem Staat unterstehen oder über die Riester-Rente staatlich gefördert werden, hat der Staat hier die Möglichkeit, auch direkt Einfluss auf die Veranlagung dieses Kapitals zu nehmen, und könnte Anforderungen formulieren, um dieses Kapital ganz oder teilweise in nachhaltige Investitionen zu lenken. In Frankreich bspw. müssen auch Betriebsrentenkassen einen Teil ihres Kapitals in ethisch-ökologische Projekte investieren. Vermögensverwalter müssen dokumentieren, dass und wie sie solche Kriterien berücksichtigen.[17] Für Deutschland liegen konkrete Vorschläge vor, das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) um das Ziel der „Nachhaltigkeit“ neben den bisherigen Anlagezielen Rentabilität, Sicherheit und Liquidität (§ 54 Abs. 1 VAG) zu ergänzen.[18]
Es existieren damit verschiedene Hebel, über Anreize im Kapitalmarktrecht zu einem höheren Volumen nachhaltiger Investitionen beizutragen. Bislang steht Deutschland hier im europäischen Vergleich schlecht da.

5  Finanzmarktregulierung, Anlegerschutz, Investitionen in die Energiewende

Das Ziel, Investitionen in nachhaltige Anlagen zu fördern, erzeugt Wechselwirkungen mit anderen Gebieten der Finanzmarktpolitik. So bemerkt etwa Hans-Joachim Massenberg, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), dass „neue regulatorische Anforderungen die Finanzierung großvolumiger und langfristiger Projekte“[19] erschwerten, worunter insbesondere auch Investitionen in die Energiewende fallen würden. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert für Investitionen in Erneuerbare Energien eine separate Risikoklasse, da die im Rahmen von Solvency II geplanten Eigenkapitalvorschriften entsprechende Investitionen verhindern würden.[20] Dieser Forderung hatte sich der damalige Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler angeschlossen.[21]
Es ist jedoch nicht zielführend, die als Reaktion auf die Finanzkrise zu Recht ergriffenen Maßnahmen für eine stärkere Stabilisierung des Finanzsektors nun gegen die Finanzierung der Energiewende auszuspielen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vermutet, dass Finanzinstitute die Forderungen an die Politik, für Kredite im Rahmen der Energiewende möglichst geringe Risikogewichte festzulegen, „tendenziell als Vehikel nutzen, um die Politik zu weitreichenden Zugeständnissen bei der Eigenkapitalausstattung zu bewegen.“[22] Zu Recht verweisen die Autorinnen darauf, dass diesen Forderungen durch den grundsätzlichen Verzicht auf die Risikogewichtung die Grundlage entzogen werden könnte. An ihre Stelle würde eine ungewichtete Mindesteigenkapitalquote (Leverage Ratio) treten, die von der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen bereits seit langem gefordert wird.[23]
Der BdB formuliert in einem Positionspapier aus dem Juni 2012 auch tatsächlich vorsichtiger: „Überlegungen, eine geringere Eigenkapitalunterlegung für solche Kredite vorzusehen und damit Investitionen in erneuerbare Energien zu fördern, sind politisch nachvollziehbar, jedoch unter Risikogesichtspunkten nicht unproblematisch. […] Eine Bevorzugung bestimmter Investitionen darf nicht zu Fehlanreizen bei der bankseitigen Risikovorsorge mit negativen Folgen für das Finanzsystem führen.“[24]
Schnittmengen und Problemstellungen ergeben sich auch im Bereich des Anlegerschutzes. So werden viele Beteiligungen an Projekten der Energiewende als Geschlossene Fonds angeboten: „Seit der Finanzkrise ist zu beobachten, dass Privatanleger Geldanlagen mit einem direkten Bezug zu einem Projekt bevorzugen.“[25] Geschlossene Fonds sind unter Gesichtspunkten des Anlegerschutzes jedoch nicht unproblematisch.[26] Konkret ergab sich dieses Spannungsfeld bspw. bei der Umsetzung der Alternative Investment Fund Manager Directive (AIFM-Richtlinie) in deutsches Recht, bei der diskutiert wurde, inwiefern kleinere Investitionsprojekte durch den administrativen Mehraufwand, etwa im Bereich der Registrierungs- und Berichtspflichten sowie der Regelungen zur Mindestbeteiligung bei Ein-Objekt-Publikumsfonds, beeinträchtigt würden. So wichtig es ist, auch die direkte Beteiligung von Bürgern an der Energiewende zu ermöglichen, so entscheidend ist es dennoch, dass notwendige Regelungen zum Anlegerschutz dadurch nicht untergraben werden. Dies nutzt auch dem eigentlichen Ziel: Denn unseriöse Anbieter, die nicht rechtzeitig erkannt werden können und damit die Anleger viel Geld kosten, zerstören langfristig das Vertrauen der Anleger und damit die Basis für weitere Investitionen in Energiewendeprojekte. Das Stichwort „Prokon“ sei hier nur beispielhaft genannt.
Aus der Perspektive des Anlegerschutzes wird zudem häufig eingewandt, dass nachhaltige Geldanlagen mit einer geringeren Rendite einhergehen würden. In einer Studie haben 40% der befragten Anleger angegeben, dass sie davon ausgehen, für nachhaltige Finanzprodukte eine geringere Rendite in Kauf nehmen zu müssen.[27] Pauschal trifft dies jedoch nicht zu. Eine Studie von 2012 weist für die vergangenen zehn Jahre bessere Finanzresultate der nachhaltigen Kreditinstitute im Vergleich zu den systemrelevanten Banken nach. Die Gesamtkapitalrendite betrug bei Nachhaltigkeitsbanken im Schnitt 0,72%, bei den Großbanken 0,55%.[28] Die Ratingagentur Oekom Research beziffert die Rendite nachhaltiger Geldanlagen auf im Schnitt 15% höher als diejenige der Werte des Weltaktienindex MSCI von Morgan Stanley im Zeitraum von 2004 bis 2012.[29] Zwar ist die höhere Rendite teilweise auch Ausdruck höheren Risikos, sodass – wie bei allen Geldanlagen – nicht jedes nachhaltige Investment für jeden Anleger geeignet ist. Doch gerade bei der Verwendung von Ausschlusskriterien ist die mögliche Risikostreuung eines nachhaltigen Portfolios nicht entscheidend reduziert.
Hand in Hand gehen Anlegerschutz und nachhaltige Anlagen auch, wenn es darum geht, die provisionsgetriebene Beratung zugunsten eines höheren Anteils der Honorarberatung zurückzudrängen.[30] Denn solange der Kunde befürchten muss, dass die Zahlung einer hohen Provision von Seiten des Anbieters hinter der positiven „Hausmeinung“ des Finanzinstituts für ein bestimmtes Finanzprodukt steht,[31] wird es schwierig sein, ein sinnvolles Beratungsgespräch zu führen, das auch ethische Fragen enthält. Ein Kulturwandel im Vertrieb ist deswegen auch Voraussetzung für eine stärkere Berücksichtigung nicht-finanzieller Kriterien.

6  Die Rolle des Staates und öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute

Will der Staat privates Kapital zur Finanzierung der Energiewende mobilisieren, muss er selbst Vorreiter sein. Öffentliches Eigentum und Investieren bedeuten auch eine besondere Verantwortung. Es passt nicht zusammen, wenn eine Bundesregierung Klimastrategien beschließt und gleichzeitig öffentliche Gelder ohne jegliche Berücksichtigung von Klimakriterien angelegt werden. Der Staat, seine Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen, staatsnahe Institutionen wie die gesetzlichen Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungen sowie öffentliche Kreditinstitute müssen vielmehr Standards bei nachhaltigen Investitionen setzen. Es braucht eine klare und transparente Anlagestrategie der öffentlichen Hand für alle öffentlichen Vermögen. Direkte maßgebliche Beteiligungen der öffentlichen Hand an Unternehmen müssen eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie in den betreffenden Unternehmen voraussetzen. Durch eine konsequent an nachhaltigen Kriterien ausgerichtete Anlagepolitik der öffentlichen Hand kann der Markt über die gesetzlichen Vorgaben hinaus weiterentwickelt werden. Nachhaltige Anlagen von staatlicher Seite können zu einem Benchmark für private Investoren werden, wie es der Norwegische Pensionsfonds beispielhaft zeigt, und Multiplikatorenwirkung entfalten: Eine Studie des World Economic Forum stellt fest, dass die Hebelwirkung staatlicher Investitionen in Nachhaltigkeit häufig mindestens 1:5 beträgt.[32]
Insbesondere im Bereich der Altersvorsorge wird die öffentliche Hand in Zukunft ein wichtiger Akteur auf den Kapitalmärkten sein, der eine dreistellige Milliardensumme für die Einlösung der Pensionsverpflichtungen anlegen wird.[33] Doch bislang werden für keinen Beamtenpensionsfonds und keine Versorgungsrücklage des Bundes oder der Bundesländer Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt.[34] Die Tatsache, dass andere Versorgungskassen demgegenüber einen Anteil nachhaltiger Vermögensanlagen von rund 90% haben, zeigt aber, dass schon heute die fast vollständige Integration von Nachhaltigkeitskriterien auch bei Altersvorsorgeanlagen möglich ist.[35]
Indirekt kann der Staat auch auf die erheblichen Volumina an Stiftungskapital Einfluss nehmen. Bisher wird zur Bewilligung der steuerlichen Förderung nur darauf geachtet, wofür das Geld ausgegeben wird. Bei der Anlage des Stiftungskapitals dagegen spielt die Gemeinnützigkeit bisher keine Rolle. Sinnvoll wäre eine Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts mit dem Ziel, dass Stiftungen den Nachweis erbringen, dass sie bei der Anlage ihres Kapitals ebenso dem Stiftungszweck genügen wie bei der Verwendung der Erträge. Stiftungen sollen auch darüber berichten, wie nachhaltige Belange bei der Anlage ihres Finanzvermögens berücksichtigt werden. Auf Anfrage sollte die Stiftung auch die Positionen aufführen müssen, in denen das Finanzanlagevermögen angelegt ist.
Eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung der Energiewende können und müssen die Banken des öffentlich-rechtlichen Sektors spielen. Zwar berücksichtigen bereits heute verschiedene Sparkassen und Landesbanken in Teilbereichen Nachhaltigkeitskriterien. Eine systematische Führungsrolle des Sektors bei einer Neuausrichtung der Finanzmärkte steht jedoch noch aus und ist überfällig. Eine konsequente Ausrichtung der Geschäftspolitik an nachhaltigen Investitionen muss überall Teil der Gemeinwohlorientierung der Sparkassen werden.
Hier liegt ein Schlüssel, um klimafreundliche Geldanlagen aus der Nische herauszuholen, in der sie heute sind, weil so ein wirklich relevantes Kapitalvolumen mobilisiert werden könnte. Gerade weil in Deutschland Bankeinlagen eine sehr große Rolle spielen, ist es ein „wesentliches Hindernis für die Verbreitung Nachhaltiger Geldanlagen, dass Banken mit Ethikfilter für die meisten Deutschen nur als Direktbank zu erreichen sind.“[36] Dies sind die Alternativ- und Kirchenbanken, die heute aber nur einen kleinen Teil des Marktes ausmachen. Würden die Sparkassen einen Ethikfilter anwenden, beträfe dies ein weit größeres Anlagevolumen und würde zudem wahrscheinlich dazu führen, dass auch andere Banken mit eigenen Konzepten reagieren würden.[37]
Doch bislang ist das Engagement der Sparkassen sehr begrenzt: So bieten bspw. gerade einmal 27 von über 400 Sparkassen klimafreundliche Sparanlagen an. In einer Stellungnahme für den Finanzausschuss spricht sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) nur dafür aus, Nachhaltigkeitskriterien „auf freiwilliger Basis“ einzuführen. Die Beachtung nachhaltiger Prinzipien solle „im Rahmen des jeweiligen Geschäftsmodells und wettbewerbskonform erfolgen, ohne der öffentlich-rechtlichen Institutsgruppe in dieser Hinsicht neue und zusätzliche Sonderlasten aufzuerlegen.“[38]
Dies ist jedoch zu wenig dafür, dass der öffentlich-rechtliche Bankensektor angesichts seiner Rolle als gemeinwohlorientierter Akteur prädestiniert dafür ist, eine Führungsrolle bei nachhaltigen Geldanlagen einzunehmen. In einem ersten Schritt sollte dafür in den Sparkassengesetzen eine Ergänzung ihres öffentlichen Auftrags um nachhaltige Kriterien in der Kreditvergabe und im Wertpapiergeschäft vorgenommen werden.
Der Staat sollte auch den Banken, an denen er ganz oder teilweise über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) beteiligt ist, Auflagen zur nachhaltigen Ausrichtung ihrer Geschäftspolitik machen. Dies wäre eine angemessene gesellschaftliche Gegenleistung zu den stattgefundenen Bankenrettungen.[39]
Eine Schlüsselrolle spielen auch die öffentlichen Förderbanken auf Bundes- und Europaebene. Die KfW spielt bereits eine wichtige Rolle insbesondere in der Bereitstellung von Krediten für den Ausbau Erneuerbarer Energien. Doch in den letzten Jahren hat sie bspw. auch mehrere 100 Mio. EUR in den Aus- und Neubau von Kohlekraftwerken investiert.[40] Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) hat in den letzten Jahren mehrere Milliarden Euro an Krediten für fossile Brennstoffprojekte vergeben. Lediglich 5% ihrer Energiemittel investiert die EIB in Programme zur Steigerung der Energieeffizienz.[41] Die staatliche Ebene muss dafür sorgen, dass die öffentlichen Banken vollständig zu „grünen“ Banken werden.
Dafür ist nicht allein die Kreditvergabe relevant. Vielmehr spielen die öffentlichen Banken bereits heute eine wichtige Rolle dabei, das von privaten Kapitalgebern getragene Risiko zu reduzieren. „Erst wenn die KfW oder eine andere öffentliche Bank mit im Boot sitzt, kann zusammen mit den Banken des privaten Sektors überhaupt das erforderliche Kreditvolumen aufgebracht werden“, schilderte etwa die Geschäftsführerin des Offshore Forums Windenergie die Situation beim Ausbau der Windparks auf See.[42] Auch der Chief Executive Officer (CEO) von Allianz Climate Solutions, Armin Sandhövel, fordert, dass „die Risiken auf mehrere Schultern verteilt werden“[43] müssten. Wenn dann auch die Rendite entsprechend geteilt wird, ist das richtig.
Der BdB betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Förderbanken als Risikopartner und fordert zudem die Schaffung eines Instruments ähnlich der Hermes-Bürgschaften für Investitionen im Ausland auch für bestimmte Investitionen in die Energiewende, konkret für Offshore-Windparks.[44]
Das DIW schlägt vor, dass im Anfangsstadium von großen Projektfinanzierungen die KfW oder die EIB als Eigenkapitalgeber oder als Konsortialbank engagiert sind, um diesen Finanzierungsmodellen auf breiter Front zum Durchbruch zu verhelfen. Zudem könnte ein Teil der Fremdfinanzierung mit Hilfe von garantierten Projektbonds aufgebracht werden, die von privaten Schuldnern begeben und über die EIB garantiert wären. Die Forderungen der EIB sind wiederum über den EU-Haushalt teilweise abgesichert, sodass die von privaten Investoren geforderte Risikoprämie sinken könnte.[45]