competence center finanz- und bankmanagement
Herausgeber: Prof. Dr. Arnd Wiedemann
Investitionen in Illiquidität
Quantifizierung bankspezifischer
(Il-)Liquiditätsprämien und
deren Integration in die interne
Steuerungsarchitektur
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Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-95647-061-5
competence center finanz- und bankmanagement
Herausgeber: Prof. Dr. Arnd Wiedemann
Band 17:
Timo Six: Investitionen in Illiquidität –
Quantifizierung bankspezifischer (Il-)Liquiditätsprämien und deren
Integration in die interne Steuerungsarchitektur
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1. Auflage 2016
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Erst Niedrigzinsphase, dann Nullzinsphase und nun sogar Negativzinsphase. Traditionelle Ertragsquellen brechen zusammen und zwingen zur Suche nach neuen Ertragsquellen. Diese Suche dürfte in Kreditinstituten so schnell nicht zu Ende sein. Eine Möglichkeit, Zusatzrenditen zu erwirtschaften, stellen Investitionen in illiquide Vermögensgegenstände dar. Doch bevor diese gehoben werden können, gilt es, diese Zusatzrenditen in Form von Liquiditätsprämien oder besser Illiquiditätsprämien erst einmal zu messen. Die vorliegende Dissertation behandelt daher ein hochaktuelles Thema.
Doch die Arbeit motiviert sich nicht allein aus dem aktuellen Marktumfeld. Vielmehr ist die Entwicklung eines Mess- und Steuerungssystems zur adäquaten Abbildung illiquider Geschäfte von ganz grundlegender Bedeutung für die internen Steuerungssysteme von Kreditinstituten, gilt es doch die richtigen Steuerungsimpulse in einer sich verschärfenden Wettbewerbssituation zu senden. Dabei sind Universalbanken aufgrund der für sie typischen Bilanzstruktur mit einem hohen Anteil an Kundenkrediten, die in aller Regel den illiquideren Vermögensgegenständen zuzurechnen sind, besonders betroffen.
Die Chance auf Vereinnahmung von Liquiditätsprämien geht zwangsläufig einher mit der Übernahme zusätzlicher Risiken. Insbesondere schränkt ein hoher Bilanzanteil an illiquiden Vermögensgegenständen die Widerstandsfähigkeit eines Kreditinstituts in Liquiditätsstresssituationen ein. Die aus den Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände vereinnahmten (Il-)Liquiditätsprämien sollten daher mindestens so hoch sein, dass sie ein Kreditinstitut für die aus der Illiquidität resultierenden Nachteile entschädigen.
In der vorliegenden Dissertation präsentiert Timo Six sein Modell zur Kalkulation bankspezifischer Liquiditätsprämienforderungen. Diese integriert er anschließend in die Einzelgeschäftskalkulation von Kunden- und Eigenanlagengeschäften. Im Ergebnis gelingt es ihm, einen konsistenten Rahmen zur Integration des assetspezifischen Marktliquiditätsgrades in die interne Banksteuerungsarchitektur zu entwickeln. Die Arbeit zeigt dem Leser sehr deutlich den Nutzen auf, den Investitionen in Illiquidität bieten. Der Aufbau eines Kalkulations- und Steuerungssystems für Liquidität ist weit mehr als nur die Erfüllung einer lästigen aufsichtsrechtlichen Pflicht. Ich wünsche ihr daher eine weite Verbreitung in Theorie und Praxis.
Siegen, im Dezember 2015 | Arnd Wiedemann |
Hoher Wettbewerbsdruck im Bankensektor sowie das gegenwärtige Zinsumfeld wirken negativ auf die Ergebnisse von Kreditinstituten. Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände eröffnen die Möglichkeit, Zusatzrenditen in Form von (Il- )Liquiditätsprämien zu vereinnahmen. Allerdings gehen mit den erhöhten Renditechancen von der assetspezifischen Illiquiditätseigenschaft auch negative Wirkungen, beispielsweise auf das Zahlungsunfähigkeitsrisiko einer Bank, aus. Dieses Wechselspiel innerhalb der internen Steuerungsarchitektur abzubilden, ist als Grundvoraussetzung für eine systematische Steuerung von Investitionen in Illiquidität anzusehen. Dieser Problemstellung widmet sich das vorliegende Werk, das am 6.11.2015 als Dissertation an der Fakultät III – Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht der Universität Siegen angenommen wurde.
Der Rückhalt, den ich von einer Vielzahl an Personen erhalten habe, war ein maßgeblicher Faktor für den erfolgreichen Abschluss meiner Promotionszeit. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken!
Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Arnd Wiedemann, gebührt besonderer Dank für seine Hilfsbereitschaft sowie seinen Optimismus, mit dem er mich stets gefördert und in meinem Vorhaben bestärkt hat. Insbesondere haben die zahlreichen anregenden Diskussionen sowie seine konstruktive Kritik zum Gelingen beigetragen. Darüber hinaus danke ich meinem Zweitprüfer, Prof. Dr. Andreas Dutzi, für sein Engagement und die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Prof. Dr. Volker Stein für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuss.
Einen mindestens ebenso großen Dank verdient Maria Otten für ihre stets besonnene sowie herzliche Art und Hilfsbereitschaft. Ebenfalls danke ich meinen ehemaligen Lehrstuhlkolleginnen und -kollegen Sebastian Wiechers, Helena Gerding, Jessica Moll, Thomas Demmer, Fabian Leonhardt, Natalie Schmücker und Jan- Hendrik Wilhelms für die äußerst angenehme Atmosphäre während unserer gemeinsamen Lehrstuhlzeit.
Bedanken muss ich mich ebenfalls bei meinen Eltern, Rita und Walter Six, die mich auf meinem gesamten Weg begleitet und gefördert haben. Von herausragender Bedeutung war der stetige Rückhalt sowie die unerschütterliche Geduld meiner Frau Simone, wofür ich ihr von ganzem Herzen danken möchte!
Berlin, im Dezember 2015 | Timo Six |
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Erfolgspotenziale und Risiken illiquider Assets in Banken
2.1 Liquiditätsrisiken
2.2 Ertragspotenziale des assetspezifischen Marktliquiditätsrisikos
3 Liquiditätsrisiken im bankinternen Steuerungskalkül
3.1 Regulatorischer Kontext
3.2 Quantifizierung bankbezogener Liquiditätsrisiken
3.3 Liquiditätsverrechnungspreissysteme
4 Bankspezifische Liquiditätsprämien
4.1 Notwendigkeit der Integration bankspezifischer Liquiditätsprämien
4.2 Timing- und Rebalancing-Aspekte
4.3 Zugriff im Liquiditätsengpass
5 Steuerungsimpulse der bankspezifischen Liquiditätsprämie
Anhang A: Berechnung der Forward-Barwerte
Literaturverzeichnis
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Erfolgspotenziale und Risiken illiquider Assets in Banken
2.1 Liquiditätsrisiken
2.1.1 Zahlungsunfähigkeitsrisiko
2.1.2 Liquiditätsfristentransformationsrisiko
2.1.3 Interaktionsbeziehungen des Marktliquiditätsrisikos
2.2 Ertragspotenziale des assetspezifischen Marktliquiditätsrisikos
2.2.1 Quantifizierung der assetspezifischen Marktliquidität
2.2.2 Liquiditätsadjustierte Bewertung von Vermögensgegenständen
2.2.3 Liquiditätsprämien
3 Liquiditätsrisiken im bankinternen Steuerungskalkül
3.1 Regulatorischer Kontext
3.1.1 Quantitative Liquiditätsanforderungen
3.1.2 Qualitative Anforderungen an das Management von Liquiditätsrisiken
3.2 Quantifizierung bankbezogener Liquiditätsrisiken
3.2.1 Quantifizierung des Zahlungsunfähigkeitsrisikos
3.2.1.1 Grundkonzeption
3.2.1.2 Liquidity at Risk
3.2.2 Quantifizierung des Liquiditätsfristentransformationsrisikos
3.3 Liquiditätsverrechnungspreissysteme
3.3.1 Verrechnung von Liquiditätskosten und -nutzen
3.3.1.1 Grundkonzeption
3.3.1.2 Ausgestaltungsmöglichkeiten
3.3.2 Verrechnung von Liquiditätsrisikokosten
4 Bankspezifische Liquiditätsprämien
4.1 Notwendigkeit der Integration bankspezifischer Liquiditätsprämien
4.2 Timing- und Rebalancing-Aspekte
4.2.1 Timing-Aspekte
4.2.2 Rebalancing-Aspekte
4.3 Zugriff im Liquiditätsengpass
4.3.1 Integration in das Liquiditätstransferpreissystem
4.3.1.1 System zur kalkulatorischen Erfassung zusätzlicher Liquiditätsdeckungsmassen
4.3.1.2 Zusammenhang zwischen Gutschrift und Liquiditätsprämie
4.3.2 Modellierung der Gutschrift
4.3.2.1 Grundmodell
4.3.2.2 Mehrperiodenmodell
4.3.3 Ermittlung der Eingangsparameter
4.3.3.1 Engpasswahrscheinlichkeit
4.3.3.2 Liquiditätsengpasshöhe
4.3.3.3 Liquidationswert
4.3.3.4 Liquidationsvolumen
4.3.4 Integration in die Einzelgeschäftskalkulation
5 Steuerungsimpulse der bankspezifischen Liquiditätsprämie
Anhang A: Berechnung der Forward-Barwerte
Literaturverzeichnis
AAZ | autonome Auszahlungsüberschüsse |
Abs. | Absatz |
AT | allgemeiner Teil |
AZ | autonome Zahlungen |
BCBS | Basel Committee on Banking Supervision |
bezgl. | Bezüglich |
BaFin | Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht |
BP | Basispunkte |
BTR | besonderer Teil Risikomanagement |
BW | Barwert |
c. p. | ceteris paribus |
CAPM | Capital Asset Pricing Modell |
CEBS | Committee of European Banking Supervisors |
CF | Cash Flow |
CRD | Capital Requirements Directive |
CRR | Capital Requirements Regulation |
d. h. | das heißt |
DAX | Deutscher Aktienindex |
DB | Deckungsbeitrag |
DM | Developed Markets |
EK | Eigenkapital |
EM | Emerging Markets |
ES | Expected Shortfall |
et al. | et alii |
EU | Europäische Union |
EUR | Euro |
EZB | Europäische Zentralbank |
f. | folgende |
ff. | fortfolgende |
G | Gutschrift |
GBS | Geld-Brief-Spanne |
GuV | Gewinn- und Verlustrechnung |
HQLA | High Quality Liquid Assets |
hyp. | hypothetisch |
i. e. S. | im engeren Sinne |
KB-BW | Konditionsbeitragsbarwert |
LAB | Liquiditätsablaufbilanz |
LaR | Liquidity at Risk |
LCAPM | Liquidity Capital Asset Pricing Modell |
LCR | Liquidity Coverage Ratio |
LiqV | Liquiditätsverordnung |
LP | Liquiditätspuffer |
LRP | Liquiditätsrisikoposition |
LVaR | Liquidity Value at Risk |
LW | Liquidationswert |
LZ | Laufzeit |
LZ | Laufzeit |
MaRisk | Mindestanforderungen an das Risikomanagement |
MID | Mittelkurs |
Nr. | Nummer |
NSFR | Net Stable Funding Ratio |
NV | Nominalvolumen |
o. V. | ohne Verfasser |
OIS | Overnight Index Swap |
p. a. | per annum |
POT | Peaks over Threshold |
resp. | Respektive |
s | Siehe |
S. | Seite |
SolvV | Solvabilitätsverordnung |
SpB-BW | Spreadbeitragsbarwert |
TRACE | Trade Reporting and Compliance Engine |
Tz. | Textziffer |
u. a. | unter anderem |
usw. | und so weiter |
v. illiq. | vollständig illiquide |
v. liq. | vollständig liquide |
VaR | Value at Risk |
vgl. | vergleiche |
vs. | versus |
z. B. | zum Beispiel |
ZB-AF | Zerobond-Abzinsfaktor |
ZSK | Zinsstrukturkurve |
Amihudi,t | Amihud-Liquiditätsmaß eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
BW0 | Barwert zum Zeitpunkt t=0 |
BWcleani,t | Barwert (clean) des Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
BWdirtyi,t | Barwert (dirty) des Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
BWi,t | Barwert des Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
BWRatingt=1 | Forward-Barwert zum Zeitpunkt t=1 eines Vermögensgegenstandes einer bestimmten Ratingkategorie |
BWt | Forward-Barwert zum Zeitpunkt t |
CFt | Cash Flow zum Zeitpunkt t |
ci | effektive Geld-Brief-Spanne eines Vermögensgegenstandes i |
cov(ki, kM) | Kovarianz zwischen den Transaktionskosten des Vermögensgegenstandes i und den gesamtmarktbezogenen Transaktionskosten |
cov(ki, rM) | Kovarianz zwischen den Transaktionskosten des Vermögensgegenstandes i und den Renditen des Marktportfolios |
cov(ri, kM) | Kovarianz zwischen der Brutto-Rendite des Vermögensgegenstandes i und den gesamtmarktbezogenen Transaktionskosten kM |
cov(ri, rM) | Kovarianz der Renditen des Vermögensgegenstandes ri und der Renditen des Marktportfolios rM |
cov(ri,t , ri, t-1) | Autokovarianzen der Renditen eines Assets i zum Zeitpunkt t und t-1 |
cov(ri-ki, rM-kM) | Kovarianz der Netto-Renditen ri eines Vermögensgegenstandes i und der Netto-Renditen des Marktportfolios |
D | Anzahl der Beobachtungstage |
di | konstante Dividendenzahlung pro Periode eines Vermögensgegenstandes i |
DurationA | Duration der Aktiva |
DurationP | Duration der Passiva |
e | eulersche Zahl |
E[∆AZt | ∆AZt<-LPt] | bedingter Erwartungswert der autonomen Auszahlungsüberschüsse, der zu erwarten ist, wenn der verfügbare Liquiditätspuffer nicht zur Deckung der autonomen Auszahlungsüberschüsse ausreicht |
E[CFt]) | erwarteter Cash Flow zum Zeitpunkt t |
E[k]t | erwartete Anzahl an Engpasssituationen innerhalb von t Tagen |
E[Li] | erwartete Liquidationskosten in Prozent des Marktwertes eines Vermögensgegenstandes i |
E[Lv.illiq.] | erwartete Liquidationskosten in Prozent des Marktwertes eines vollständig illiquiden Vermögensgegenstandes |
E[Lv.liq.] | erwartete Liquidationskosten in Prozent des Marktwertes eines vollständig liquiden Vermögensgegenstandes |
E[ri] | erwartete Rendite des Vermögensgegenstandes i |
E[ri-ki] | erwartete Netto-Rendite des Vermögensgegenstandes i |
E[rM] | erwartete Rendite des Marktportfolios M |
Eabs.Sj | absolute Engpasshöhe im Szenario j |
Eabs.t | absolute Höhe eines Liquiditätsengpasses zum Zeitpunkt t |
Et | Höhe des Liquiditätsengpasses Et in Prozent der Bilanzsumme |
f(∆AZ) | Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der autonomen Zahlungsüberschüsse |
F(…) | Verteilungsfunktion |
Gabs.i | absolute Gutschrift eines Vermögensgegenstandes i |
GBSi,t | absolute Geld-Brief-Spanne eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
GBSi,trelativ | relative Geld-Brief-Spanne eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
Gi | relative Gutschrift eines Vermögensgegenstandes i |
Gmaxi | maximale relative Gutschrift eines Vermögensgegenstandes i |
Gmini | minimale relative Gutschrift eines Vermögensgegenstandes i |
Gv.illiq. | Gutschrift eines vollständig illiquiden Vermögensgegenstandes |
Gv.liq. | Gutschrift eines vollständig liquiden Vermögensgegenstandes |
Gξ,ψ | verallgemeinerte Paretoverteilung in Abhängigkeit der Parameter ξ und ψ |
KB-BWrisikolosv.liq. | Konditionsbeitragsbarwert eines ausfallrisikolosen und vollständig liquiden Vermögensgegenstandes |
KBriefi,t | Briefkurs eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
Kfairi,t | fairer Wert eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
KGeldi,t | Geldkurs eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
ki | Transaktionskosten des Vermögensgegenstandes i |
Ki,t | Kurs eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
kM | Transaktionskosten des Marktportfolios M |
L.Potenzial | Liquidationspotenzial |
LaRESφ | Expected Shortfall-Variante des LaR für die Wahrscheinlichkeit φ |
LaRα | Liquidity at Risk zur Wahrscheinlichkeit α |
Li,t | Liquidationskosten eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
LKZ | Liquiditätskennzahl |
ln(…) | natürlicher Logarithmus |
LPt | Höhe des Liquiditätspuffers zum Zeitpunkt t |
LRPA | Liquiditätsrisikoposition der Aktiva |
LRPGB | Liquiditätsrisikoposition auf Gesamtbankebene |
LRPP | Liquiditätsrisikoposition der Passiva |
LWi,t | Liquidationswert des Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
LWmaxi,t | maximaler Liquidationswert eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
LWmini,t | minimaler Liquidationswert eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
M | Marktportfolio |
MID i,t | Mittelkurs eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
MWi,t | Marktwert des Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
n | gesamte Anzahl an Beobachtungsdaten |
nu | beobachtete Exzesse |
P(…) | Wahrscheinlichkeit |
P(Eabs. Sj | -∆AZt<-LPt) | bedingte absolute Wahrscheinlichkeit von Eabs.Sj unter der Bedingung, dass ein Engpass eintritt |
P0,i | heutiger Preis (t=0) eines Vermögensgegenstandes i |
Pabs.i | absolute Prämie eines Vermögensgegenstandes i |
Pi | relative Prämie eines Vermögensgegenstandes i |
PK | Pufferkosten |
Pmaxi | maximale Prämie eines Vermögensgegenstandes i |
Pmini | minimale Prämie eines Vermögensgegenstandes i |
PnC | Liquiditätsprämie „neue Chancen“ |
PRB | Liquiditätsprämie „Rebalancing“ |
PT | Liquiditätsprämie „Timing“ |
PvR | Liquiditätsprämie „veränderte Risikoeinstellung“ |
PZL | Liquiditätsprämie „Zugriff im Liquiditätsengpass“ |
qt | Indikatorvariable (-1 falls Verkauf oder 1 falls Kauf) |
r(t) | risikoloser stetiger Zinssatz für die Laufzeit t |
rf | risikoloser Zinssatz |
ri,t | Rendite eines Assets i zum Zeitpunkt t |
rM | Varianz der Renditen des Marktportfolios |
rM | Rendite des Marktportfolios M |
rmindesti | geforderte risikoadjustierte Mindestverzinsung |
S | vorgegebene Schwelle |
Sj | Szenario j |
Spt | Finanzierungsspread in Prozentpunkten für die Laufzeit t in Prozent p. a. |
TP(E[CFt]) | Transferpreis des in t erwarteten Cash Flows |
var(rM) | Varianz der Renditen des Marktportfolios rM |
var(rM-kM) | Varianz der Netto-Renditen des Marktportfolios |
Vi,t | prozentualer Verkaufsanteil des zu liquidierenden Assets i zum Zeitpunkt t |
Vi,tabs | absoluter Verkaufsanteil des zu liquidierenden Assets i zum Zeitpunkt t |
Vmax | maximales relatives Verkaufsvolumen |
Vmin | minimales relatives Verkaufsvolumen |
Voli,t | Handelsvolumen eines Vermögensgegenstandes i zum Zeitpunkt t |
WRatingt=1 | ratingklassenspezifische Migrationswahrscheinlichkeit |
Yt | Exzess zum Zeitpunkt t |
Z(t, LZ) | Nullkuponzins zum Startzeitpunkt t für die Laufzeit LZ |
ZB-AFtRefi | Zerobond-Abzinsfaktor der Refinanzierungskurve für die Laufzeit t |
ZB-AFtrisikolos | Zerobond-Abzinsfaktor der risikolosen Zinsstrukturkurve für die Laufzeit t |
Zi | Handelshäufigkeit des betrachteten Vermögensgegenstandes pro Periode |
ZMB.Risiko | Zahlungsmittelbedarfsrisiko |
α | vorgegebene Wahrscheinlichkeit |
ßi | Betafaktor des Vermögensgegenstandes i |
ßL | um Liquiditätskosten bereinigter Betafaktor |
ßL1,i | Liquiditätsbetafaktor 1 eines Vermögensgegenstandes i |
ßL2,i | Liquiditätsbetafaktor 2 eines Vermögensgegenstandes i |
ßL3,i | Liquiditätsbetafaktor 3 eines Vermögensgegenstandes i |
∆AZt | autonome Zahlungsüberschüsse zum Zeitpunkt t |
λ | Netto-Überschussrendite des Marktportfolios |
ξ | Formparameter |
φmax | maximale Eintrittswahrscheinlichkeit eines Liquiditätsengpasses |
φmin | minimale Eintrittswahrscheinlichkeit eines Liquiditätsengpasses |
φt | Eintrittswahrscheinlichkeit eines Liquiditätsengpasses zum Zeitpunkt t |
ψ | Skalierungsparameter |
Abbildung 1: Gang der Untersuchung
Abbildung 2: finanzwirtschaftliche Risiken in Banken
Abbildung 3: Komponenten des Zahlungsunfähigkeitsrisikos
Abbildung 4: bankspezifische Investitions- und Finanzierungsperspektive
Abbildung 5: alternative Refinanzierungsstrukturen
Abbildung 6: mittlerer Renditeaufschlag und Steigung der gedeckten Spreadkurve
Abbildung 7: Steigung von Spreadkurven unterschiedlicher Bonitäten
Abbildung 8: Abhängigkeitsbeziehungen verschiedener Liquiditätsrisiken
Abbildung 9: Abhängigkeitsbeziehungen der Liquiditätsspiralen
Abbildung 10: Anteil der Einlagen und aufgenommenen Kredite von Nichtbanken in Prozent der Bilanzsumme ausgewählter Bankengruppen im Vergleich
Abbildung 11: Entwicklung der mittleren quotierten Geld-Brief-Spanne
Abbildung 12: Entwicklung des mittleren Roll-Liquiditätsmaßes
Abbildung 13: Entwicklung des mittleren Amihud-Liquiditätsmaßes
Abbildung 14: Preis in Abhängigkeit von den erwarteten Transaktionskosten im Modell von Amihud und Mendelson (1986)
Abbildung 15: Liquiditätsprämien von Unternehmensanleihen nach Dick-Nielson, Feldhütter und Lando (2012)
Abbildung 16: historische Entwicklung der Liquiditätsprämien
Abbildung 17: Laufzeitstruktur der Liquiditätsprämien
Abbildung 18: (Liquiditäts-)Stressarten gemäß den Leitlinien für Liquiditätspuffer und Überlebensdauer des CEBS (2009)
Abbildung 19: Grundprinzip des LaR
Abbildung 20: Ermittlung des LaR auf Basis der POT-Methode
Abbildung 21: Wahrscheinlichkeitsdichte gξ,ψ in Abhängigkeit der Parameter ξ und ψ
Abbildung 22: Grundkonzeption einer Liquiditätsablaufbilanz
Abbildung 23: Schritte zur Ermittlung des LVaR
Abbildung 24: Steuerkreise des bankbezogenen Liquiditätsrisikos
Abbildung 25: struktureller Aufbau der klassischen Deckungsbeitragsrechnung
Abbildung 26: Entwicklung der drei- bis fünfjährigen Refinanzierungsspreads
Abbildung 27: Grundprinzip der Verrechnung von Liquiditätskosten und -nutzen
Abbildung 28: Grundkonzeptionen der Pool- und der Matched-Maturity-Methode
Abbildung 29: Grundkonzeption der erweiterten Marktzinsmethode gemäß der Matched Maturity-Methode
Abbildung 30: Zinsstrukturkurven der Beispielsituation
Abbildung 31: Barwertermittlung unter Berücksichtigung der bankspezifischen Refinanzierungskosten
Abbildung 32: Auswirkung der Höhe des Transferpreises auf die Konditionsbeiträge von Aktiv- und Passivgeschäften
Abbildung 33: Methoden zur Bestimmung der Refinanzierungskurve
Abbildung 34: Kalkulationsmethodik im Drei-Kurven-Ansatz
Abbildung 35: Positionszuordnung im Multi-Kurven-Ansatz
Abbildung 36: Grundprinzip der engpassorientierten Methode
Abbildung 37: Ursachen für kurzfristige Zahlungsmittelbedarfe und Liquiditätspufferkosten
Abbildung 38: Grundprinzip der Verrechnung von Liquiditätspufferkosten
Abbildung 39: Grundschema der Konditionsbeitragsberechnung unter Berücksichtigung der Kosten für Liquiditätskosten, -nutzen und –risiken
Abbildung 40: Prämienstrukturen unterschiedlicher Finanztitel im Vergleich
Abbildung 41: Einflussfaktoren der bankspezifischen Liquiditätsprämie
Abbildung 42: Entwicklung der Portfoliogewichte im Zeitablauf
Abbildung 43: Veränderung der Rendite-/Risikostruktur
Abbildung 44: Trade-Off Beziehung unter Berücksichtigung von Transaktionskosten
Abbildung 45: Bilanzanteil von Kreditforderungen gegenüber Kunden und Banken
Abbildung 46: Liquidationsprozess eines Kreditportfolios
Abbildung 47: schematischer Zusammenhang zwischen der Höhe von Preisabschlägen und der Marktliquidität unterschiedlicher Vermögensgegenstände
Abbildung 48: Gesamtsystem zur Verrechnung von Liquiditätskosten und -nutzen sowie zum Transfer der Liquiditätspufferkosten
Abbildung 49: Erweiterung der internen Verrechnung von Liquiditätsrisiken
Abbildung 50: Zusammenhang zwischen assetspezifischem Marktliquiditätsgrad und der Höhe des Transferpreises für zusätzliche Deckungsmassen
Abbildung 51: Einfluss der Erweiterung auf die Kalkulation von Kundengeschäften
Abbildung 52: Zusammenhang zwischen Gutschrift und Prämie
Abbildung 53: Wirkung der Liquiditätsprämie
Abbildung 54: Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der autonomen Zahlungsüberschüsse
Abbildung 55: Ermittlung erwarteter Liquidationskosten im Einperiodenfall
Abbildung 56: Höhe der Gutschrift in Abhängigkeit vom Liquidationswert
Abbildung 57: Wirkungszusammenhänge im Grundmodell
Abbildung 58: Höhe der Liquiditätsprämie in Abhängigkeit vom Liquidationswert
Abbildung 59: Bestimmung der Gutschrift im Mehrperiodenfall
Abbildung 60: Höhe der Gutschrift und des erwarteten verfügbaren Marktwertes in Abhängigkeit der Zeit
Abbildung 61: Einflussfaktoren auf die Gutschrift resp. Liquiditätsprämienforderung
Abbildung 62: Zusammenhang zwischen Liquiditätspuffer, Liquidity at Risk und Eintrittswahrscheinlichkeit
Abbildung 63: Grundprinzip der szenariobasierten Engpassermittlung
Abbildung 64: indexierte Wertentwicklung ausgewählter Asset Klassen im Vergleich zum ECB Composite Indikator
Abbildung 65: EZB-Haircuts für marktfähige Sicherheiten in Abhängigkeit der Kategoriezugehörigkeit, Restlaufzeit und des Ratings
Abbildung 66: EZB-Haircuts für festverzinsliche Kreditforderungen in Abhängigkeit von Restlaufzeit und Ratingklasse
Abbildung 67: potenzielle Einflussfaktoren auf die Liquidationswerte der Vermögensgegenstände
Abbildung 68: Cash Flows und Barwerte der Anleihe
Abbildung 69: Entwicklung der Forward Barwerte im Zeitablauf
Abbildung 70: absoluter Liquidationswert in Abhängigkeit des relativen Liquidationswertes und der Restlaufzeit
Abbildung 71: absolute Liquidationswerte bei endfälliger Tilgung und Ratentilgung im Vergleich
Abbildung 72: Entwicklung von Ausfallwahrscheinlichkeiten sowie des risikolosen Zinsniveaus im Vergleich zur Marktliquidität
Abbildung 73: Illustration einer realen Liquidationsstrategie
Abbildung 74: (Forward-)Barwerte der vollständig liquiden und risikolosen Anleihe
Abbildung 75: Ermittlung des bankspezifischen Barwertes für den risikolosen Zinstitel
Abbildung 76: Ermittlung des bankspezifischen Barwertes für den bonitätsrisikobehafteten Zinstitel
Abbildung 77: Einzelgeschäftskalkulation unter Berücksichtigung der Gutschriften
Abbildung 78: Gutschrift in Abhängigkeit des Liquidationsvolumens
Abbildung 79: Liquiditätsrisikoposition der Aktiv-Geschäfte
Abbildung 80: Liquiditätsrisikoposition der Passiv-Geschäfte
Abbildung 81: Gegenüberstellung der Liquiditätsrisikopositionen der Aktiv- und Passiv-Geschäfte
Abbildung 82: gesamtbankbezogene Liquiditätsrisikoposition
Tabelle 1: langfristige Emittentenratings deutscher Banken
Tabelle 2: statistische Kennzahlen der Steigung der Spreadstrukturkurven unterschiedlicher Bonitäten sowie der risikolosen Zinsstrukturkurve
Tabelle 3: Liquiditätsmaße
Tabelle 4: allgemeine Anforderung an das Liquiditätsrisikomanagement nach BTR 3.1 MaRisk
Tabelle 5: Anforderungen an Liquiditätstransferpreissysteme gemäß MaRisk
Tabelle 6: Ausschnitt der betrachteten Liquiditätsstressszenarien der Deutschen Bank AG
Tabelle 7: erwartete Rendite und Volatilität p. a. der Assets der Beispielsituation
Tabelle 8: verwendete Indizes zur Approximation des europäischen Aktien- und Anleihemarktes
Tabelle 9: Wertentwicklung der Indizes in illiquiden Marktphasen
Tabelle 10: Zinsstrukturkurve der Beispielsituation
Tabelle 11: bankspezifische und risikolose (Forward-)Nullkuponzinssätze
Tabelle 12: ratingklassenspezifische Kuponzinssätze der Beispielsituation
Tabelle 13: Migrationsmatrix der Beispielsituation
Tabelle 14: Ermittlung des Forward-Barwertes (clean und dirty) zum Zeitpunkt t=1
Tabelle 15: Ermittlung des Forward-Barwertes (clean und dirty) zum Zeitpunkt t=2
Tabelle 16: Ermittlung des Forward-Barwertes (clean und dirty) zum Zeitpunkt t=3
Tabelle 17: Ermittlung des Forward-Barwertes (clean und dirty) zum Zeitpunkt t=4
Das Niedrigzinsniveau wirkt negativ auf die Zinsspannen deutscher Banken. Dies ist auf das Wiederanlageproblem für auslaufende Aktivgeschäfte zurückzuführen, das daraus resultiert, dass höherverzinste Altgeschäfte im aktuellen Niedrigzinsumfeld lediglich zu ungünstigeren Konditionen reinvestiert werden können, während die Zinsaufwendungen für Einlagen sich bereits auf niedrigem Niveau befinden.[1]
Aus der Erwartung zukünftig niedriger Zinsen können Impulse zur Ausweitung von Investitionen in Illiquidität folgen.[2] Illiquidere Vermögensgegenstände bieten langfristig orientierten Investoren die Chance, Zusatzrenditen in Form von Liquiditätsprämien zu vereinnahmen.[3] Unter einer (Il-)Liquiditätsprämie wird die erwartete Zusatzrendite, die ein weniger liquider Vermögensgegenstand gegenüber einem liquiden, aber ansonsten vergleichbaren Vermögensgegenstand generiert, verstanden.[4]
Die Chance, durch Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände Liquiditätsprämien zu vereinnahmen, kann allerdings aus Investorensicht mit zahlreichen Nachteilen einhergehen.[5] Deutlich traten die Gefahren, die aus hohen Beständen illiquider Vermögensgegenstände resultieren können, in der vergangenen Finanz- und Bankenkrise bei den Stiftungsfonds von US-Universitäten wie Harvard und Yale hervor. Die Fonds mit sehr langfristigen Anlagehorizonten investierten stark in illiquide Vermögensgegenstände mit dem Ziel, Liquiditätsprämien zu vereinnahmen. Die Fonds lieferten eine sehr gute Performance, was sich mit dem Beginn der Finanz- und Bankenkrise änderte.[6] Die Verluste des Harvard-Fonds beliefen sich zwischen 2008 und 2009 auf 27,3 Prozent.[7]
Der Liquiditätsgrad eines Vermögensgegenstandes ist dadurch charakterisiert, wie schnell und zu welchen Kosten sich dieser am Markt handeln lässt.[8] Kurzfristige Verkäufe können beispielsweise dann notwendig werden, wenn unvorhergesehene Zahlungsmittelbedarfe auftreten.[9] Derartige Bedarfe ergeben sich etwa dann, wenn auslaufende Kapitalmarktfinanzierungen nicht verlängert werden können und/oder die Kunden einer Bank ihre kurzfristig abrufbaren Einlagen abziehen.[10]
Einem solchen Szenario war die Bank Northern Rock im Jahr 2007 ausgesetzt. Northern Rock wies eine kurzfristige Finanzierungsstruktur auf und hatte bedingt durch die Subprime-Krise Schwierigkeiten, die kurzfristigen Refinanzierungen zu prolongieren. Das Öffentlichwerden dieser Probleme löste einen Bank Run aus, der erst durch eine Ausweitung der staatlichen Einlagengarantien eingedämmt werden konnte. Letztendlich wurde Northern Rock verstaatlicht.[11]
Auch dem schwedischen Kreditinstitut Swedbank widerfuhr in Lettland im Dezember 2012 ein „kleiner Bank Run“. Ausgelöst wurde dieser durch ein (unbegründetes) Twitter-Gerücht über finanzielle Probleme der Bank. Dieses Gerücht löste panische Barabhebungen an den Geldautomaten aus.[12] Auch wenn sich die Situation schnell normalisierte, macht dieses Beispiel deutlich, wie instabil Kundeneinlagen plötzlich werden können.
Zahlungsunfähigkeitsrisiken können nicht durch ausreichende Eigenkapitalbestände absorbiert werden, sondern sind durch das Vorhalten liquider Vermögensgegenstände abzusichern.[13] Die neue aufsichtsrechtlich verankerte Kennzahl des Liquidity Coverage Ratios[14] zielt auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Banken in Stressphasen durch liquide Aktiva in ausreichender Höhe ab.[15] Wenn hohe Bestände an liquiden Aktiva die Widerstandsfähigkeit in Stressphasen verbessern, dann wird diese im Umkehrschluss durch einen hohen Bilanzanteil illiquider Vermögensgegenstände vermindert. So konnte Northern Rock Margin Calls nicht durch Verkäufe von Vermögensgegenständen ausgleichen, weil illiquide Hypothekenkredite einen Großteil der Aktiva ausmachten.[16]
Die Höhe der erwarteten Liquiditätsprämien für Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände muss ausreichen, um einen Investor für die verminderte Liquidität zu entschädigen.[17] Der Analyseschwerpunkt wird im Rahmen dieser Arbeit auf den Nachteil der eingeschränkten Zugriffsmöglichkeit auf illiquidere Vermögensgegenstände im Falle eines Liquiditätsengpasses gelegt, der, wie es noch zu zeigen gilt, für Banken eine besondere Relevanz aufweist.
Zur Sicherstellung der Kompensation gilt es, Möglichkeiten zur Quantifizierung und Integration bankspezifisch zu fordernder Liquiditätsprämien in die Liquiditätssteuerungsarchitektur aufzuzeigen. Insbesondere ist eine konsistente Integration in die Einzelgeschäftskalkulation vorzunehmen.
Bankbilanzen sind üblicherweise durch einen hohen Anteil illiquiderer Vermögensgengenstände charakterisiert.[18] Die Relevanz der Untersuchungen ist daher unabhängig davon, ob Banken tatsächlich eine Ausdehnung von Investitionen in illiquidere Vermögensgenstände anstreben. Ausweitungen verstärken die Bedeutung jedoch zusätzlich.
Abbildung 1 illustriert die Struktur der vorliegenden Untersuchung. Zunächst steht im Rahmen von Kapitel 2 die Identifikation von Chancen und Risiken im Fokus der Betrachtung, die sich aus Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände ergeben. Zunächst gilt es innerhalb von Kapitel 2.1 verschiedene Liquiditäts(risiko)begriffe voneinander abzugrenzen und somit eine einheitliche begriffliche Basis für die weiteren Ausführungen zu schaffen. Im Anschluss daran werden die Erfolgspotenziale, die aus Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände resultieren können, analysiert.
Wie in Abbildung 1 aufgezeigt, gilt es, das Verhältnis zwischen den aus Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände resultierenden Ertragschancen und den mit diesen einhergehenden Risiken resp. Nachteilen derart auszubalancieren, dass die Chancen die Risiken mindestens ausgleichen.
Abbildung 1: Gang der Untersuchung[19]
Die Einbindung der bankspezifisch zu fordernden Liquiditätsprämien in die bankinterne Liquiditätssteuerungsarchitektur darf nicht im Widerspruch zu regulatorischen Anforderungen stehen. So sind den aus den Basel III-Reformen resultierenden neuen regulatorischen Liquiditätsanforderungen Rechnung zu tragen. Insbesondere muss die Integration unter Berücksichtigung der von den Mindestanforderungen an das Risikomanagement geforderten Liquiditätstransferpreissysteme[20] erfolgen. Eine Beleuchtung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen wird in Kapitel 3.1 vorgenommen. Kapitel 3.2 zeigt Methoden zur Quantifizierung der bankspezifischen Liquiditätsrisiken auf und führt in die Konzeption von Liquiditätsstresstests und der statistischen Risikokennzahlen des Liquidity at Risks sowie des Liquidity Value at Risks ein. Kapitel 3.3 analysiert die von den Mindestanforderungen an das Risikomanagement geforderten Liquiditätsverrechnungspreissysteme.
Die Frage, welche Nachteile speziell aus Bankensicht mit Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände einhergehen, wird in Kapitel 4.1 untersucht. Im Anschluss daran wird die Relevanz von Timing- und Rebalancing-Aspekten aus dem Blickwinkel von Kreditinstituten in Kapitel 4.2 erörtert.
Der Nachteil der eingeschränkten Zugriffsmöglichkeit auf illiquidere Vermögensgegenstände im Liquiditätsengpassfall steht im Fokus von Kapitel 4.3. Zunächst gilt es, die Einbindung in die bestehende Liquiditätssteuerungsarchitektur zu diskutieren (Kapitel 4.3.1), bevor eine konkrete Quantifizierungsmöglichkeit der Gutschriften resp. Liquiditätsprämienforderungen aufgezeigt wird (Kapitel 4.3.2). Wie die erforderlichen Eingangsparameter festgelegt werden können ist Untersuchungsgegenstand von Kapitel 4.3.3. Einbindungsmöglichkeiten der Gutschriften resp. Liquiditätsprämienforderungen in die Kalkulation von Einzelgeschäften sind in Kapitel 4.3.4 zu analysieren.
Abschließend werden im Rahmen von Kapitel 5 die Steuerungsimpulse, die von einer Integration der bankspezifischen Liquiditätsprämienforderungen auf die Liquiditätsrisikoposition einer Bank ausstrahlen, analysiert. Insbesondere gilt es herauszuarbeiten, inwieweit das eingeführte System eine Stabilisierung der gesamtbankbezogenen Liquiditätsrisikoposition fördern und der Aussteuerung der Chancen und Risiken von Investitionen in illiquidere Vermögensgegenstände dienen kann.
Fußnoten:
[1] Vgl. Deutsche Bundesbank (2014a), S. 38.
[2] Vgl. hierzu die modelltheoretisch abgeleiteten Implikationen in Diamond/Rajan (2012), S. 578 sowie S. 581.
[3] Vgl. Ilmanen (2011), S. 373; Amihud/Mendelson (1991), S. 56.
[4] Vgl. Ilmanen (2011), S. 361; Hibbert et al. (2009a), S. 4.
[5] Vgl. hierzu die in Kinlaw, Kritzman und Turkington (2013), S. 20 aufgeführten Vorteile liquider Assets, die sich im Umkehrschluss als Nachteile illiquider Assets interpretieren lassen.
[6] Vgl. o. V. (2008), S. 82. Für eine Darstellung der Schwierigkeiten des Harvard-Stiftungsfonds in der vergangenen Finanz- und Bankenkrise siehe Ang (2014), S. 410 ff.
[7] Vgl. Harvard University (2009), S. 8.
[8] Vgl. Amihud/Mendelson (1991), S. 56; Kempf (1998), S. 299. Eine umfassende Erläuterung unterschiedlicher Liquiditäts(-risiko)begriffe erfolgt in Kapitel 2.1.
[9] Neben den Notverkäufen von Assets können diese auch unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen besicherter Finanzierungsgeschäfte eingesetzt werden. Darüber hinaus kann eine Bank erhaltene Kreditzusagen in Anspruch nehmen (vgl. Deutsche Bundesbank (2008b), S. 64).
[10] Vgl. hierzu und für eine Aufführung weiterer Liquiditätsrisikoquellen Adalsteinsson (2014), S. 44.
[11] Vgl. Hull (2014), S. 518.
[12] Vgl. Köllen (2011).
[13] Vgl. Bartetzky (2008), S. 18.
[14] Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 3.1.1.
[15] Vgl. BCBS (2013a), Rn. 1. Eine ausführliche Beschreibung der Liquidity Coverage Ratio erfolgt in Kapitel 3.1.1.
[16] Vgl. Shin (2009), S. 115.
[17] Vgl. Ang (2014), S. 438.
[18] Vgl. Nauta (2014), S. 1.
[19] Eigene Darstellung.
[20] Vgl. hierzu BTR 3.1 Tz. 5 und Tz. 6 MaRisk.