Simon G. Grieser Manfred Heemann (Hg.)
Europäisches Bankaufsichtsrecht
2., aktualisierte und erweiterte Auflage
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ISBN 978-3-95647-168-1 (Print)
ISBN 978-3-95647-170-4 (PDF)
ISBN 978-3-95647-169-8 (ePub)
ISBN 978-3-95647-171-1 (Mobi)
2. Auflage 2020 © Frankfurt School Verlag / efiport GmbH, Adickesallee 32-34, 60322 Frankfurt am Main
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort (Prof. Dr. Joachim Wuermeling, Deutsche Bundesbank)
Vorwort zur 2. Auflage
Herausgeber
Autorenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Disclaimer
I Rechtsquellen des EU-Bankaufsichtsrechts
Karl-Philipp Wojcik
II Europäische Aufsichtsbehörden
Silvio Andrae/Alexander Gebhard/Cornelia Manger-Nestler/Christoph Schalast/Antonio Luca Riso/Andreas Walter/Georgios Zagouras
III Rechtsschutz in der europäischen Bankenaufsicht
Cornelia Manger-Nestler
IV Zulassung von Instituten
Andreas Igl
V Erwerb und Veräußerung einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut
Manfred Heemann
VI Freie Niederlassung und freier Dienstleistungsverkehr
Oliver Wagner
VII Beaufsichtigung von Instituten im Single Supervisory Mechanism (SSM)
Rainer Pfau
VIII Aufsichtliches Überprüfungsverfahren und Stresstests
Stephan Bellarz
IX Aufsichtliches Überprüfungsverfahren nach den Leitlinien der European Banking Authority (EBA)
Steffen Laufenberg/Lars Petersen
X Anforderungen an die interne Corporate Governance der Institute
Jens-Hinrich Binder
XI Bestandteile und Mindesthöhe der Eigenmittel
Silvio Andrae
XII Antizyklische und systemische Eigenmittelpuffer
Hermann Schulte-Mattler/Marius M. Schulte-Mattler
XIII Eigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken
Silvio Andrae
XIV Eigenkapitalanforderungen für operationelles Risiko
Dirk Auerbach/Josefine Holl
XV Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken
Dirk Auerbach/Marcel Hannemann
XVI Eigenmittelanforderungen für das Abwicklungsrisiko
Max Weber
XVII Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko
Max Weber
XVIII Eigenmittelanforderungen für das Gegenparteiausfallrisiko
Edgar Löw/Kevin Vogt
XIX Europäische Großkreditregelungen
Christian Eicke/Thomas Grol/Dorothea Meyer-Ramloch
XX Liquidität
Silvio Andrae
XXI Verschuldungsquote
Carolien Lehnen/Jasmin Pandya
XXII Offenlegung durch die Institute
Alexander Gebhard/Christoph Schalast/Andreas Walter
XXIII Meldepflichten (FINREP/COREP)
Patrick Uhlmann/Thomas Pfuhler/Jan Peter Schmütsch/Johannes Elgeti/Benedikt Ruprecht/Alexander Duschek
XXIV Vergütungsregelungen
Petra Timmermann
XXV Europäische Einleger- und Anlegerentschädigung
Dirk Cupei/Martin Boegl/Dominik Müller-Feyen
XXVI Europäische Regulierung zur Bankenrestrukturierung
Simon G. Grieser/Christian Alexander Mecklenburg-Guzmán/Janine van Kisfeld
Frankfurter Reihe zur Bankenaufsicht
Bankenabwicklung und MREL
Stichwortverzeichnis
Geleitwort (Prof. Dr. Joachim Wuermeling, Deutsche Bundesbank)
Das Jahr 2020 markiert eine Zäsur in der Bankenregulierung. Nach der Fertigstellung von Basel III und dem Beschluss des Bankenpakets in der Europäischen Union (EU) neigt sich der Reformmarathon seit der Finanzkrise dem Ende entgegen. Lediglich die europäische Umsetzung des letzten Teils von Basel III steht noch aus.
Bei ihrem Gipfel in Pittsburgh im Jahr 2009 hatten die G20 eine multilaterale Antwort auf die Krise gegeben, indem sie versprachen, globale Mindeststandards zu verbessern oder zu entwickeln. Die regulatorischen Fortschritte, die seitdem gemacht wurden, sind enorm.
In der Bankenregulierung waren die Basel-III-Reformen zentral; mit ihnen wurden gleich mehrere Instrumente eingeführt oder verbessert: Erhöhte Anforderungen an Qualität und Quantität von Eigenkapital, verschiedene Kapitalpufferanforderungen, eine Verschuldungsquote, Liquiditätsstandards und überarbeitete Ansätze zur Ermittlung risikogewichteter Aktiva.
Doch in der EU mit ihrem grenzüberschreitenden Binnenmarkt war mehr nötig. Sie reagierte auf die Bankenkrise mit einem Paradigmenwechsel: Mit dem Übergang hin zu direkt in allen Staaten gültigen EU-Verordnungen (Single Rulebook) und mit der 2014 eingeführten Bankenunion, einschließlich einer einheitlichen Aufsicht über die größten Banken in der Euro-Zone.
Obwohl das Reformprogramm nach der Krise zunächst abgearbeitet ist, ist davon auszugehen, dass sich das Rahmenwerk auch künftig stetig weiterentwickeln wird. Denn das Bankensystem unterliegt einer ständigen Veränderung – und das regulatorische Rahmenwerk muss Schritt halten. So ist z.B. die fortschreitende Digitalisierung des Bankgeschäfts auch für Aufseher und Regulierer eine Herkulesaufgabe.
Weil unser bankenaufsichtliches Rahmenwerk prinzipienorientiert ist, ist es vielen neuen Entwicklungen bereits heute gewachsen. Dennoch müssen wir es vor dem Hintergrund der Digitalisierung auf Aktualität überprüfen. Wird der von uns gezogene Kreis der Beaufsichtigten allen Risiken nach wie vor gerecht? Sind unsere aufsichtlichen Methoden geeignet, um mit der Dynamik neuer Risiken Schritt zu halten? Ermöglicht der aufsichtliche Rahmen den Banken, die neuen Technologien umfassend zu nutzen? Unser Anspruch richtet sich aber auch an uns selbst: Wir wollen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um unseren Auftrag noch effizienter und effektiver zu erfüllen.
Die Welt des Bankenaufsichtsrechts dreht sich stetig weiter. Ich freue mich daher, dass der vorliegende Band nun bereits in der zweiten Auflage erscheint und einen umfassenden, detaillierten und dennoch verständlichen Überblick über das bisher Erreichte gibt.
Frankfurt am Main, im März 2020 Prof. Dr. Joachim Wuermeling
Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank
Vorwort zur 2. Auflage
Die neue Auflage dieses Buchs will Hilfe und Überblick über die vielfältigen Neuerungen im europäischen Bankaufsichtsrecht geben, die sich seit der letzten Auflage ergeben haben. Die Erfassung und Darstellung der Neuerungen sind aus Gründen der Übersichtlichkeit und ihrer Einordnung in die bestehende Rechtslage notwendiger denn je.
Die Umsetzung der verschiedenen Vorhaben in nationales Recht stellte und stellt die nationalen Gesetzgeber und die Rechtsanwender vor große Herausforderungen.
Ebenso bedürfen die Anwendungen und die Umsetzung der neuen Regelungen bei Banken und auch bei nationalen Aufsichtsbehörden auch vor dem Hintergrund des „Brexits“ größter Anstrengungen. Vor diesem Hintergrund betreten neue Marktteilnehmer den europäischen Markt, bereits etablierte Unternehmen in diesem Rechtsraum erweitern ihre Tätigkeitsfelder. Für alle Unternehmen ist ein aktuelles Verständnis der regulatorischen Rahmenbedingungen unerlässlich.
Das Buch beschreibt, analysiert und kommentiert den Rechtsrahmen der europäischen Bankenaufsicht, ohne, soweit es Regelungen von Richtlinien betrifft, im Detail auf die nationalen Umsetzungen einzugehen. Der Autorenkreis setzt sich aus Vertretern von Banken, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmensberatungen, Verbänden, Wirtschaftsprüfungsunternehmen, der Wissenschaft sowie europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden zusammen.
Das Werk (Redaktionsschluss war am 17.02.2020) soll – wie sein Vorgänger in der „Frankfurter Reihe zur Bankenaufsicht“ – wieder eine Diskussionsplattform für alle Marktteilnehmer bieten und an die vorherigen Veröffentlichungen in dieser Reihe anknüpfen.
Wir danken wieder allen Autoren für ihre Beiträge, Geduld und Mitwirkung an der 2. Auflage.
Ganz besonderen Dank gilt wieder Dr. Thomas Lorenz und Ulrich Martin vom Frankfurt School Verlag für das unermüdliche Wirken, das vorliegende Buch fertigstellen zu können.
Bei Fragen oder Anregungen kommen Sie gerne auf uns zu (frankfurterreihe@frankfurt-school-verlag.de).
Frankfurt am Main, im März 2020 Dr. Simon G. Grieser
Dr. Manfred Heemann
Herausgeber
Dr. Simon G. Grieser
Dr. Simon G. Grieser ist Rechtsanwalt und Partner im Frankfurter Büro der internationalen Kanzlei Reed Smith LLP. Er berät nationale und internationale Mandanten im Bereich des Bank- und Finanzrechts. Sein besonderer Fokus liegt auf Transaktionen mit notleidenden und nicht-notleidenden Kreditportfolien und Fragen des Bankaufsichtsrechts.
Dr. Simon G. Grieser ist Autor verschiedener Abhandlungen und Artikel zu Themen des Bank-, Kapitalmarkt- und Finanzrechts sowie Mitherausgeber der im Frankfurt School Verlag erscheinenden „Frankfurter Reihe zur Bankenaufsicht“.
Dr. Manfred Heemann
Dr. Manfred Heemann ist Abteilungsleiter der Abteilung Abwicklung Grundsatz, Recht und Gremien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Vor seiner Tätigkeit bei der Bafin beriet er als Rechtsanwalt Banken und Unternehmen im Bereich Bankaufsichtsrecht, Akquisitions- und Immobilienfinanzierungen, Sanierungs- und Abwicklungsplanung sowie Restrukturierungen.
Dr. Manfred Heemann ist Autor verschiedener Abhandlungen und Artikel zu Themen des Bank-, Kapitalmarkt und Finanzrechts sowie Mitherausgeber der im Frankfurt School Verlag erscheinenden „Frankfurter Reihe zur Bankenaufsicht“.
Autorenverzeichnis
Dr. Silvio Andrae |
Senior Adviser Supervision and Risk Management, DSGV, Berlin |
Dirk Auerbach |
Mitglied der Konzerngeschäftsleitung/CEO Central and Eastern Europe, gw group, Frankfurt am Main |
Stephan Bellarz |
Dipl.-Kaufmann, Abteilungsdirektor, DZ BANK AG, Frankfurt am Main |
Prof. Dr. Jens-Hinrich Binder |
L.L.M., Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, insbes. Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen |
Dr. Martin Boegl |
Direktor Finanzmarktstabilität, Bundesverband deutscher Banken, Berlin |
Dirk Cupei |
Bereichsleiter Finanzmarktstabilität, Bundesverband deutscher Banken, Berlin |
Alexander Duschek |
Associate Director, The Boston Consulting Group, München |
Christian Eicke |
Associate Partner, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Eschborn |
Dr. Johannes Elgeti |
Associate Director, The Boston Consulting Group, Hamburg |
Alexander Gebhard |
LL.M., Rechtsanwalt, Partner, Schalast & Partner Rechtsanwälte mbB, Frankfurt am Main |
Dr. Simon G. Grieser |
Rechtsanwalt, Partner, Reed Smith LLP, Frankfurt am Main |
Thomas Grol |
Partner, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main |
Marcel Hannemann |
Director, Geissbühler Weber Consulting AG, Frankfurt am Main |
Dr. Manfred Heemann |
Abteilungsleiter Abwicklung Grundsatz, Recht und Gremien, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Frankfurt am Main |
Josefine Holl |
Senior Consultant, Geissbühler Weber Consulting AG, Frankfurt am Main |
Prof. Dr. Andreas Igl |
Professor für Bankmanagement und Bankenaufsicht, Hochschule der Deutschen Bundesbank, Hachenburg |
Janine van Kisfeld |
Bundesbankdirektorin, Abteilung für Bankenaufsichtsrecht und internationale Bankenaufsicht, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main |
Steffen Laufenberg |
Dipl. Wi.-Ing., Associate Partner, Ernst & Young GmbH, Stuttgart |
Carolien Lehnen |
Manager, Regulatory Management, PricewaterhouseCoopers GmbH WPG, München |
Prof. Dr. Edgar Löw |
Professor für Rechnungslegung, Frankfurt School of Finance and Management, Frankfurt am Main; European Banking Authority (EBA), Banking Stakeholder Group, Paris |
Prof. Dr. Cornelia Manger-Nestler |
LL.M., Professur für Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK), Leipzig |
Dr. Christian Alexander Mecklenburg-Guzman |
Vice President, Global Markets, General Counsel Division, Credit Suisse International, London |
Dorothea Meyer-Ramloch |
Fachliche Mitarbeiterin, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln |
Dominik Müller-Feyen |
Direktor Finanzmarktstabilität, Bundesverband deutscher Banken, Berlin |
Jasmin Pandya |
Director, Regulatory Management, PricewaterhouseCoopers GmbH WPG, Frankfurt am Main |
Lars Petersen |
Dipl. Bw., Head of Supervisory Affairs, Opel Bank SA, Rüsselsheim am Main |
Rainer Pfau |
Landesbank Hessen-Thüringen, Frankfurt am Main |
Thomas Pfuhler |
Managing Director, Partner, The Boston Consulting Group, München |
Dr. Antonio Luca Riso |
Team Lead, Europäische Zentralbank (EZB), Frankfurt am Main |
Dr. Benedikt Ruprecht |
Project Leader, The Boston Consulting Group, Frankfurt am Main |
Prof. Dr. Christoph Schalast |
Professor, Frankfurt School of Finance & Management, Frankfurt am Main; Rechtsanwalt, Notar, Managing-Partner, Schalast & Partner Rechtsanwälte mbB, Frankfurt am Main |
Dr. Jan Peter Schmütsch |
Principal, The Boston Consulting Group, Hamburg |
Prof. Dr. Hermann Schulte-Mattler |
Professor für Betriebswirtschaftslehre insbesondere Finanzwirtschaft und Controlling, Fachhochschule Dortmund, Dortmund |
Dr. Marius M. Schulte-Mattler |
Manager, PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main |
Dr. Petra Timmermann |
Rechtsanwältin, Hamburg |
Patrick Uhlmann |
Managing Director, Partner, The Boston Consulting Group, Stuttgart |
Kevin Vogt |
Manager, Ernst & Young GmbH, Eschborn/Frankfurt am Main |
Dr. Oliver Wagner |
Geschäftsführer, Verband der Auslandsbanken in Deutschland e.V., Frankfurt am Main (bis Mai 2020) |
Dr. Andreas Walter |
LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Partner, Schalast & Partner Rechtsanwälte mbB, Frankfurt am Main |
Dr. Max Weber |
Partner, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart |
Dr. Karl-Philipp Wojcik |
Mitglied des Juristischen Dienstes, Europäische Kommission, Brüssel |
Dr. Georgios Zagouras |
Syndikus, Generaldirektion Rechtsdienste, Europäische Zentralbank (EZB), Frankfurt am Main |
Abkürzungsverzeichnis
A |
Attachment Point |
a.E. |
am Ende |
a.F. |
alte Fassung |
ABCP |
Asset Backed Commercial Papers |
ABl. |
Amtsblatt |
ABoR |
Administrative Board of Review |
ABS |
Asset Backed Securities |
ACPR |
Autorité de Contrôle Prudentiel et de Resolution |
AEUV |
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
AFS |
Ausschuss für Finanzstabilität |
AG |
Aktiengesellschaft |
AIF |
Alternativer Investmentfonds |
AktG |
Aktiengesetz |
ALMM |
Additional Liquidity Monitoring Metrics |
aLR |
adjusted Leverage Ratio |
AMA |
Advanced Measurement Approach |
AMAO |
Advanced Method for Additional Outflows |
AMM |
Additional Monitoring Metrics |
AnaCredit |
Analytical Credit Datasets |
AnlEntG |
Anlegerentschädigungsgesetz |
AnzV |
Anzeigenverordnung |
AQR |
Asset Quality Review |
ASC |
Accounting Standards Codification |
ASF |
Available Stable Funding |
A-SRI-P |
Kapitalpuffer für anderweitig systemrelevante Institute |
AT |
Additional Tier |
AT |
Allgemeiner Teil |
AVA |
Additional Valuation Adjustment |
AWV |
Außenwirtschaftsverordnung
|
Bafin |
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht |
BAKred |
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen |
BCBS |
Basel Committee on Banking Supervision |
BCCI |
Bank of Credit and Commerce International |
BdB |
Bundesverband deutscher Banken e.V. |
BdF |
Banque de France |
BDSG |
Bundesdatenschutzgesetz |
BelWertV |
Beleihungswertermittlungsverordnung |
BFA |
Bankenfachausschuss |
BGBl. |
Bundesgesetzblatt |
BI |
Business Indicator |
BIC |
Business Indicator Component |
BIP |
Bruttoinlandsprodukt |
BIRD |
Banks Integrated Reporting Dictionary |
BISTA |
Monatliche Bilanzstatistik |
BIZ |
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich |
BMA |
Business Model Assessment |
BRRD |
Bank Recovery and Resolution Directive |
BTR |
Besonderer Teil „Risiken“ |
BVerfG |
Bundesverfassungsgericht |
BVerwG |
Bundesverwaltungsgericht |
BVR |
Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.V. |
BVR-ISG |
BVR Institutssicherung GmbH |
C |
Collateral |
CAR |
Capital Adequacy Requirements |
CCB |
Capital Conversation Buffer |
CCF |
Credit Conversion Factor |
CCP |
Central Counterparty |
CCR |
Counterparty Credit Risk |
CCyB |
Countercyclical Capital Buffer |
CDS |
Credit Default Swap |
CEBS |
Committee of European Banking Supervisors |
CEIOPS |
Committee of European Insurance and Occupation Pensions Supervisors |
CEO |
Chief Executive Officer |
CESR |
Committee of European Securities Regulators |
CET |
Common Equity Tier |
CFO |
Chief Financial Officer |
CMV |
Current Market Value |
COREP |
Common Reporting |
CP |
Consultation Paper |
CRA |
Credit Rating Agency |
CRA-VO/CRA III |
Credit-Rating-Agency-Verordnung |
CRD |
Capital Requirements Directive |
CRDTG |
Capital Requirements Directive Transposition Group |
CRR |
Capital Requirements Regulation |
CVA |
Credit Value Adjustments |
CVA-Risiko |
Credit Valuation Adjustment Risk |
D |
Detachment Point |
DGSD |
Deposit Guarantee Schemes Directive |
DIF |
Deposit Insurance Fund |
DPM |
Data Point Model |
DVA |
Debt Value Adjustment |
DVO |
Durchführungsverordnung |
DVO |
Delegierte Verordnung |
EaD |
Exposure at Default |
EAEG |
Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz |
EASA |
European Union Aviation Safety Agency |
EAV |
Ergebnisabführungsvertrages |
EB |
Europäischer Bankenausschuss |
EBA |
European Banking Authority |
EBC |
European Banking Committee |
ECA |
European Court of Auditors |
ECAI |
External Credit Assessment Institution |
ECB |
European Central Bank |
ECHA |
European Chemicals Agency |
EdB |
Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH |
EdÖ |
Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes öffentlicher Banken Deutschlands GmbH |
EdW |
Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen |
EE |
Expected Exposure |
EffNot |
Effective Notional |
EFSF |
European Financial Stability Facility |
EFTA |
European Free Trade Association |
EG |
Europäische Gemeinschaft |
EGV |
Vertrag über die Europäische Gemeinschaft |
EinSiG |
Einlagensicherungsgesetz |
EIOPA |
European Insurance and Occupational Pensions Committee |
EL |
Expected Loss |
EMIR |
European Market Infrastructure Regulation |
EntschFinV |
Entschädigungseinrichtungs-Finanzierungsverordnung |
EP |
Europäisches Parlament |
EPE |
Expected Positive Exposure |
ERV |
Eigenmittelverordnung |
ESA |
European Supervisory Authorities |
ESBR |
European Systemic Risk Board |
ESC |
European Securities Committee |
ESCB |
European System of Central Banks |
ESFS |
European System of Financial Supervision |
ESM |
European Stability Mechanism |
ESMA |
European Securities and Markets Authority |
ESRB |
European Systemic Risk Board |
ESZB |
Europäisches System der Zentralbanken |
EU |
Europäische Union |
EuGH |
Europäischer Gerichtshof |
EUR |
Euro |
EUV |
Vertrag über die Europäische Union |
EWB |
Einzelwertberichtigung |
EWG |
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft |
EWWU |
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion |
EZB |
Europäische Zentralbank |
FAQ |
Frequently Asked Questions |
FASB |
Financial Accounting Standards Board |
FATF |
Financial Action Task Force |
FC |
Financial Component |
FDIA |
Federal Deposit Insurance Act |
FDICIA |
Federal Deposit Insurance Corporation Improvement Act |
FinaV |
Finanzinformationenverordnung |
FinDAG |
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz |
FINMA |
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht |
FinMarktAnpG |
Finanzmarktanpassungsgesetz |
FINREP |
Financial Reporting |
FinStabG |
Finanzstabilitätsgesetz |
FRA |
Forward Rate Agreements |
FRTB |
Fundamental Review of the Trading Book |
FRTB-SA |
Fundamental Review of the Trading Book – Standardised Approach |
FSA |
Financial Services Authority |
FSAP |
Financial Sector Assessment Program |
FSAP |
Financial Services Action Plan |
FSB |
Financial Stability Board |
FSF |
Financial Stability Forum |
FVA |
Funding Value Adjustments |
FVOCI |
Fair Value through Other Comprehensive Income
|
GAAP |
Generally Accepted Accounting Principles |
GC-Pooling |
General Collateral Pooling |
GCRA |
General Credit Risk Adjustment |
GG |
Grundgesetz |
GmbH |
Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
GRC |
EU-Grundrechtecharta |
GroMiKV |
Großkredit- und Millionenkreditverordnung |
G-SIB |
Global Systemically Important Banks |
G-SRI |
Global systemrelevante Institute |
G-SRI-P |
Kapitalpuffer für global systemrelevante Institute |
GuV |
Gewinn- und Verlustrechnung |
GwG |
Geldwäschegesetz |
Hess. |
Hessisch |
HFA |
Hauptfachausschuss |
HGB |
Handelsgesetzbuch |
HLA |
Higher Loss Absorbency |
HLBA |
Historical Look Back Approach |
HLWG |
High Level Working Group |
HQLA |
High Quality Liquid Assets |
IAA |
Internal Assessment Approach |
IADI |
International Association of Deposit Insurers |
IAS |
International Accounting Standard |
ICAAP |
Internal Capital Adequacy Assessment Process |
ICT |
Information Communication Technology |
IDW |
Institut der Wirtschaftsprüfer |
IFD |
Investment Firm Directive |
IFR |
Investment Firm Regulation |
IFRS |
International Financial Reporting Standards |
IIA |
Inter-Institutional Agreement |
ILAAP |
Internal Liquidity Adequacy Assessment Process |
ILDC |
Interest, Leases and Dividend Component |
ILM |
Internal Loss Multiplier |
IM |
Initial Margin |
IMAS |
Informationsmanagementsystem |
IMM |
Interne Modelle Methode |
In |
Inland |
InhKontrollV |
Inhaberkontrollverordnung |
InsO |
Insolvenzordnung |
InstitutsVergV |
Institutsvergütungsverordnung |
IP |
Immovable Property |
IPU |
Intermediate Parent Undertaking |
IRBA |
Internal Ratings Based Approach |
IRC |
Incremental Risk Charge |
IReF |
Integrated Reporting Framework |
IRRBB |
Interest Rate Risk in the Banking Book |
ISDA |
International Swap Dealers Association |
ISIN |
International Securities Identification Number |
ITS |
Implementing Technical Standard |
IWF |
Internationale Währungsfonds |
JST |
Joint Supervisory Team |
K |
Eigenmittelanforderung |
KA |
Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions |
KAGB |
Kapitalanlagegesetzbuch |
KBA |
Kredite-BIP-Abstand |
KBV |
Kredite-BIP-Verhältnis |
KEP |
Kapitalerhaltungspuffer |
KG |
Kommanditgesellschaft |
KMU |
Kleine und mittelständische Unternehmen |
KonÜV |
Konzernabschlussüberleitungsrechnung |
KSA |
Kreditrisikostandardansatz |
KStG |
Körperschaftsteuergesetz |
KVG |
Kapitalverwaltungsgesellschaft |
KWG |
Kreditwesengesetz |
KYC |
Know Your Customer |
LAB |
Liquiditätsablaufbilanz |
LCP |
Liquidity Contingency Plan |
LCR |
Liquidity Coverage Ratio |
LEI |
Legal Entity Identifier |
LGD |
Loss Given Default |
LiqV |
Liquiditätsverordnung |
LSI |
Less Significant Institution |
M |
Maturity |
MaRisk |
Mindestanforderungen an das Risikomanagement |
MaSan |
Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen |
MCD |
Mortgage Credit Directive |
MF |
Maturity Factor |
MiFID |
Markets in Financial Instruments Directive |
MiFIR |
Markets in Financial Instruments Regulation |
MoC |
Margin of Conservatism |
MPOR |
Margin Period of Risk |
MREL |
Minimum Requirement for Eligible Liabilities |
MR-Modelle |
Marktrisikomodelle |
MTA |
Minimum Transfer Amount |
MtMM |
Marktbewertungsmethode |
N |
Anzahl der verbrieften Risikopositionen |
n.F. |
Neue Fassung |
NACE |
Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne |
NCA |
National Competent Authority |
NICA |
Net Independent Collateral Amount |
NPE |
Non-performing Exposures |
NPL |
Non-performing Loan |
NSFR |
Net Stable Funding Ratio |
OCR |
Overall Capital Requirement |
OECD |
Organization for Economic Co-operation and Development |
OEM |
Original Exposure Method |
OGA |
Organismus für gemeinsame Anlagen |
OGAW |
Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren |
OHG |
Offene Handelsgesellschaft |
OpRisk |
Operationelles Risiko |
OSFI |
Office of the Superintendent of Financial Institutions |
OTC |
Over the Counter |
OWig |
Ordnungswidrigkeitsgesetz |
p |
Aufsichtlicher Parameter |
P&L |
Profit & Loss |
P2G |
Pillar II Guidance |
P2R |
Pillar II Requirement |
PCA |
Prompt Corrective Actions |
PD |
Probability of Default |
pEWB |
pauschalisierte Einzelwertberichtigung |
PfandBG |
Pfandbriefgesetz |
PFE |
Potential Future Exposure |
PONV |
Point of Non-Viability |
PortWB |
Portfolio-Wertberichtigungen |
PUR |
Pufferrichtwert |
Q&A |
Questions and Answers |
RAROC |
Risk Adjusted Return on Capital |
RAS |
Risk Assessment System |
RC |
Replacement Costs |
RechKredV |
Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung |
ResCo |
Standing Committee on Resolution |
RH |
Rechnungslegungshinweis |
RIAD |
Register of Institutions and Affiliates Data |
RL |
Richtlinie |
RMBS |
Residential Mortgage Backed Securities |
RoE |
Return on Equity |
RORAC |
Return on Risk Adjusted Capital |
RRM |
Risk Reduction Measure Package |
Rs. |
Rechtssache |
RSF |
Required Stable Funding |
RTS |
Regulatory Technical Standard |
RW |
Risikogewicht |
RWA |
Risk-Weighted Assets |
SA-CCR |
Standardised Approach for Measuring Counterparty Credit Risk Exposures |
SAG |
Sanierungs- und Abwicklungsgesetz |
SC |
Services Component |
SCRA |
Specific Credit Risk Adjustment |
SCV |
Single Customer View |
SD |
Supervisory Duration |
SE |
Societas Europaea |
SEC-ERBA |
Auf externen Beurteilungen basierender Ansatz |
SEC-IRBA |
Auf internen Beurteilungen basierender Ansatz |
SEC-SA |
Standardansatz für Verbriefungen |
SEP |
Supervisory Examination Programme |
SF |
Supervisory Factor |
SFO |
Schriftlich fixierte Ordnung |
SFT |
Securities Financing Transaction |
SFTR |
Securities Financing Transactions Regulation |
SI |
Significant Institution |
SM |
Standardmethode |
SMA |
Standardisierter Messansatz |
SolvV |
Solvabilitätsverordnung |
SRB |
Systemic Risk Buffers |
SRB |
Single Resolution Board |
SREP |
Supervisory Review and Evaluation Process |
SRM |
Single Resolution Mechanism |
SRP |
Systemrisikopuffer |
SSFA |
Simplified Supervisory Formula Approach |
SSM |
Single Supervisory Mechanism |
SSMFR |
SSM Framework Regulation |
SSMR |
SSM Regulation |
STE |
Short Term Exercise |
STS |
simple, transparent and standardised |
SUBA |
Supervisory Banking Data System |
T |
Tier |
T |
Tranchendicke |
TEU |
Treaty on European Union |
TFDGS |
Task Force on Deposit Guarantee Schemes |
TFEU |
Treaty on the Functioning of the European Union |
TH |
Threshold |
THB |
Temporary High Balances |
TLAC |
Total Loss-Absorbing Capacity |
TREA |
Total Risk Exposure Amount |
TRIM |
Targeted Review of Internal Models |
TSCR |
Total SREP Capital Requirement |
UL |
Unexpected Loss |
UmsG |
Umsetzungsgesetz |
US-GAAP |
United States Generally Accepted Accounting Principles |
VaR |
Value at Risk |
VGH |
Verwaltungsgerichtshof |
VM |
Variation Margin |
VO |
Verordnung |
VöB |
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. |
VorstAG |
Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung |
VwGO |
Verwaltungsgerichtsordnung |
VwVfG |
Verwaltungsverfahrensgesetz |
VwVG |
Verwaltungsvollstreckungsgesetz |
W |
Rückstandsrate |
WAM |
Weighted Average Maturity |
WpHG |
Wertpapierhandelsgesetz |
WTO |
World Trade Organisation |
WuSolvV |
Wohnungsunternehmen-Solvabilitätsverordnung |
XBRL |
eXtensible Business Reporting Language |
ZGP |
Zentrale Gegenpartei |
ZPO |
Zivilprozessordnung |
Disclaimer
Die in diesem Buch enthaltenen Beiträge geben ausschließlich die persönliche Meinung der jeweiligen Autoren wieder.
I
Rechtsquellen des
EU-Bankaufsichtsrechts
Karl-Philipp Wojcik
1 | Systematisierung der Rechtsquellen des EU‑Bankaufsichtsrechts |
1.1 | Rechtsgrundlagen im AEUV |
1.1.1 | Art. 53 Abs. 1 AEUV |
1.1.2 | Art. 114 AEUV |
1.1.3 | Art. 127 Abs. 6 AEUV |
1.2 | Delegation und Durchführung |
1.2.1 | Delegation gemäß Art. 290 AEUV und Technische Regulierungsstandards (RTS) |
1.2.2 | Durchführungsermächtigung gemäß Art. 291 AEUV und Technische Durchführungsstandards (ITS) |
1.2.3 | Durchführungsbefugnisse der EZB |
1.2.4 | Durchführungsbefugnisse des SRB |
1.3 | Soft law |
2 | Einzelne Rechtsquellen |
2.1 | Materielle Rechtsquellen |
2.1.1 | CRR/CRD-Paket |
2.1.2 | Einlagensicherungsrichtlinie und Anlegersicherungsrichtlinie |
2.1.3 | BRRD |
2.2 | Institutionelle Rechtsquellen |
2.2.1 | EBA-VO |
2.2.2 | SSM-VO |
2.2.3 | SRM-VO |
Das Bankaufsichtsrecht in Europa ist zu einem wesentlichen Teil europäisches Recht oder durch europäisches Recht maßgeblich determiniertes Recht.[1] Ein integrierter europäischer Finanzmarkt stellt einen besonders wichtigen Teil des Binnenmarktes dar und verlangt die Angleichung der für den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr in der Europäischen Union (EU) wesentlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.[2] Dieser Prozess der Angleichung des materiellen Bankaufsichtsrechts ist auf europäischer Ebene spätestens seit den 1970er Jahren zu beobachten, als die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1977 die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie erlassen hat.[3] In den vergangenen Jahren hat sich, bedingt auch durch die umfangreiche Gesetzgebungstätigkeit auf europäischer Ebene im Anschluss an die Finanzmarktkrise, der Acquis des EU-Bankaufsichtsrechts allerdings in ganz erheblicher Weise erweitert. Neue Rechtsquellen und Akteure sind hinzugetreten, die das regulatorische Umfeld verändern und weiter verkomplizieren.
In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass das europäische Bankaufsichtsrecht selbst wiederum nicht unerheblich durch die Arbeit internationaler Standardsetzer beeinflusst wird. Zu nennen sind hier vor allem der Basler Ausschuss für die Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision (BCBS)) sowie das Financial Stability Board (FSB). Beide globale Standardsetzer erarbeiten und veröffentlichen jeweils internationale Standardwerke, wie z.B. der Basler Ausschuss die Basler Rahmenvereinbarungen,[4] welche rechtlich zwar nicht verbindlich sind,[5] jedoch eine starke faktische Bindungswirkung aufweisen.
Dieses Kapitel stellt die verschiedenen EU-rechtlichen Rechtsquellen des Bankaufsichtsrechts in einen systematischen Zusammenhang und erläutert die wichtigsten Rechtsakte in knapper Form.
1
Systematisierung der Rechtsquellen des EU‑Bankaufsichtsrechts
Die Rechtsquellen des EU-Bankaufsichtsrechts können zunächst einmal Bezug auf ihren Autor/Urheber unterschieden werden. Rechtsakte werden einerseits erlassen durch die Institutionen der EU:
Verordnungen und Richtlinien des Rates und Europäischen Parlaments (EP),
Verordnungen, Empfehlungen und Entscheidungen der Europäischen Kommission und
Verordnungen, Entscheidungen und Leitlinien der Europäischen Zentralbank (EZB).
Daneben gibt es Entscheidungen, Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority (EBA)) und des Single Resolution Board (SRB) als Agenturen der EU.
Darüber hinaus können die Rechtsquellen nach ihrem normenhierarchischen Rang unterschieden werden in Rechtsquellen der primären, sekundären und tertiären Ebene. Auf der primären Ebene finden sich die einschlägigen allgemeinen Vorschriften des Vertrages über die Europäische Union (EUV), des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der ihnen gleichstehenden Rechtstexte.[6] Verordnungen und Richtlinien der Gesetzgeber (Rat und EP zusammen oder ausnahmsweise der Rat allein) werden der sekundären Ebene zugeordnet und typischerweise als Sekundärrecht bezeichnet. Von diesem Begriff erfasst werden auch Verordnungen der Europäischen Kommission und der EZB. Der tertiären Ebene können die bindenden Entscheidungen dieser beiden Institutionen und der EBA und des SRB zugeteilt werden ebenso wie die bindenden Vereinbarungen (Memoranda of Understanding). Daneben gibt es Soft-Law-Instrumente wie Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen der EBA und des SRB. Während klar ist, dass Rechtsakte der tertiären Ebene solchen der primären und sekundären nachrangig sind, äußern sich die Verträge nicht über das Verhältnis der Sekundärrechtsquellen untereinander.[7] Jedoch ist davon auszugehen, dass Rechtsakte der Europäischen Kommission gemäß Art. 290 AEUV und Art. 291 AEUV, die auf der Grundlage eines anderen Sekundärrechtsaktes erlassen werden, im Range unterhalb dieses anderen Sekundärrechtsaktes stehen.
In der Unterscheidung der Rechtsquellen nach ihrem normhierarchischen Rang kommt eine Besonderheit der europäischen Gesetzgebungsarchitektur des Finanzaufsichtsrechts, das auch für das Bankaufsichtsrecht im Besonderen gilt, zum Vorschein. Es handelt sich um den als Lamfalussy-Verfahren[8] bekannten vierstufigen Rechtssetzungs-, Rechtsimplementierungs- und Rechtsdurchsetzungsprozess.[9] Dieser galt bis zum Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 01.12.2009, besteht in modifizierter Form als Lamfalussy-II-Verfahren[10] aber auch heute fort.[11]
Zum weiteren sind die Unterscheidungen der Rechtsquellen des europäischen Bankaufsichtsrechts nach ihrem normhierarchischen Rang nicht nur wegen ihres Einflusses auf die Norminterpretation wichtig, sondern auch, weil die EU auf dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung beruht. D.h., dass die Institutionen und Organe der EU Rechtsakte nur erlassen können, soweit die Verträge, insbesondere der AEUV oder die aufgrund diesen erlassenen Rechtsakte, ihnen die Befugnis dazu erteilt haben (Art. 5 EUV).[12] Der AEUV macht einen Unterschied zwischen exklusiven Kompetenzen der EU einerseits und zwischen EU und Mitgliedsstaaten geteilten Kompetenzen andererseits. Das Bankaufsichtsrecht gehört grundsätzlich zu den geteilten Kompetenzen: EU und Mitgliedsstaaten können beide auf diesem Gebiet Rechtsakte erlassen. Jedoch sind die Mitgliedsstaaten nur befugt, sofern und soweit die EU ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat (Art. 2 Abs. 2 AEUV).
Wegen des Umfangs der aktuell existierenden Gesetzgebung kann man davon ausgehen, dass die EU im Bereich des Bankaufsichtsrechts ihre Zuständigkeit weitgehend ausgeübt hat.[13] In verschiedenen Rechtsakten, z.B. in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (Capital Requirements Regulation (CRR)),[14] der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 (Single-Supervisory-Mechanism-Verordnung (SSM-VO))[15] und der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 (Single-Resolution-Mechanism-VO (SRM-VO))[16] werden jedoch den Mitgliedsstaaten und ihren Behörden wichtige Ausführungskompetenzen zugeteilt.
1.1
Rechtsgrundlagen im AEUV
Wichtigstes Gesetzgebungsorgan in der EU sind der Rat und das EP als die Gesetzgeber, die in den allermeisten Fällen gemeinsam Gesetzgebungsakte erlassen. Ihre gesetzgeberische Aktionsmöglichkeit wird in den jeweiligen Artikeln des AEUV bestimmt. Das betrifft den Umfang der zu regelnden Materie und die Form des Regelungsinstruments. Was letztere angeht, so stehen ihnen grundsätzlich die Verordnung, die Richtlinie und die Entscheidung zur Verfügung.[17] Drei Artikel des AEUV sind für den Erlass von Vorschriften des EU-Bankaufsichtsrechts besonders relevant: Art. 53 Abs. 1, 114 und 127 Abs. 6 AEUV.
1.1.1
Art. 53 Abs. 1 AEUV
Art. 53 Abs. 1 AEUV ist einer der Kernartikel zur Realisierung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Er ist die Rechtsgrundlage für die EU-Gesetzgeber zur Schaffung der Bedingungen, damit die natürlichen und juristischen Personen sich in einem anderen Mitgliedsstaat niederlassen oder ihre Dienste leisten können. Der Artikel ermächtigt nur zum Erlass von Richtlinien, was bedeutet, dass ihre Bestimmungen von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen, damit rechtliche Verpflichtungen für die Unternehmen und Einzelpersonen geschaffen werden können. Die Richtlinie (EU) Nr. 2013/36 (Capital Requirements Directive IV (CRD IV))[18] bspw. hat Art. 53 Abs. 1 AEUV als Rechtsgrundlage.
1.1.2
Art. 114 AEUV
Soweit spezifische Artikel des Vertrages nicht bestehen, kann auf Art. 114 AEUV als allgemeine Ermächtigungsnorm betreffend die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zurückgegriffen werden. Zur Erreichung dieses Ziels ist der Gesetzgeber ermächtigt, Rechtsakte zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten zu erlassen. Art. 114 AEUV spezifiziert nicht die Form der Rechtsakte, die auf seiner Grundlage erlassen werden können. Mithin können also Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse oder Empfehlungen auf dieser Rechtsgrundlage erlassen werden (Art. 288 AEUV).[19]
Es ist zu beobachten, dass in den vergangenen Jahren die meisten neuen Rechtsakte im Bereich der Bankenaufsicht auf Art. 114 AEUV gestützt und in der Form von Verordnungen erlassen worden sind.[20] Dafür gibt es zumindest drei Gründe: erstens, die Regelungen betreffen nicht die Zulassungsbedingungen für Banken, aber das Funktionieren der Banken auf den Binnenmarkt. Eine Verordnung ermöglicht es, zweitens, präzise Bestimmungen zu erlassen, die in allen Mitgliedsstaaten in gleicher Weise gelten. Aus prozeduraler Sicht kommt schließlich hinzu, dass die Bestimmungen einer Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden müssen und daher sofort Anwendung finden können.
Art. 114 AEUV kann auch die Grundlage sein für die Errichtung von EU-Agenturen wie der EBA oder des SRB. In seinem ENISA-Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) gebilligt, dass auf Grundlage dieser Bestimmung eine neue EU-Agentur errichtet wird, die die Aufgabe hat, die Realisierung von Harmonisierungsvorschriften durch die Mitgliedsstaaten zu erleichtern.[21]
Die Errichtung der EBA diente einem Harmonisierungsziel, weil die EBA einerseits die Anwendung der europäischen Gesetzgebung durch die nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren und andererseits bei der Vorbereitung von delegierten und Ausführungsakten mitwirken sollte.
Auch der SRB konnte zutreffender Weise auf der Grundlage des Art. 114 AEUV geschaffen werden.[22] Denn dieser dient als zentralisierte Entscheidungsbehörde für die Anwendung der durch die SRM-VO vereinheitlichen Abwicklungsvorschiften gegenüber den in den auf dem Gebiet der Bankenunion niedergelassenen Kreditinstituten und verbessert mithin das Funktionieren des Binnenmarkts.
Ebenfalls begegnet die Übertragung zentraler und unmittelbar gegenüber Einzelnen wirkender Entscheidungsbefugnisse auf die EBA oder den SRB im Hinblick auf die Rechtsgrundlage keinen durchgreifenden Bedenken. Der EuGH hat in seinem Leerverkaufs-Urteil die bereits erwähnte ENISA-Rechtsprechung bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen gegenüber Einzelpersonen durch auf Art. 114 AEUV gestützte Rechtsakte möglich ist. Erforderlich ist es in solch einem Falle jedoch, dass das von diesen Agenturen durchzusetzende materielle Recht in Form einer Verordnung vorliegt, weil Richtlinien keine unmittelbar wirkenden Verpflichtungen für den Einzelnen begründen können.
Art. 114 AEUV kann nur die Rechtsgrundlage eines Aktes sein, soweit nicht eine andere Vertragsbestimmung Vorrang hat. Der Unterschied zwischen den Art. 53 Abs. 1 AEUV und 114 AEUV ist durch den Gesetzgeber so bestimmt worden, dass auf Art. 53 Abs. 1 diejenigen Vorschriften erlassen werden können, die notwendig sind, um die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Banken in der EU zu gewährleisten, also die Vorschriften über die Zulassung der Bank in dem Mitgliedsstaat der Niederlassung oder in dem Mitgliedsstaat, in welchem die Dienste geleistet werden. Da diese Vorschriften in die nationale Gesetzgebung aufzunehmen sind, ist die Richtlinie das richtige Rechtsinstrument. Die Vorschriften, die das Funktionieren der (bereits zugelassenen) Kreditinstitute auf dem Binnenmarkt regeln, können dagegen auf den Art. 114 AEUV gestützt werden. Solche Vorschriften gewährleisten die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit nicht, sondern bestimmen, wie die Unternehmen sich auf dem Binnenmarkt verhalten sollen. Sie müssen daher uniform für alle Unternehmen gelten; die Verordnung ist hier also als richtiger Rechtsakt anzusehen.
1.1.3
Art. 127 Abs. 6 AEUV
Art. 127 Abs. 6 AEUV zum Schluss ist eine Sonderbestimmung in Bezug auf die Kompetenzen der EZB. Der Artikel gibt dem Rat die Möglichkeit, der EZB zusätzlich zu ihren Aufgaben auf dem Gebiet der Geldpolitik besondere Aufgaben in Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute zu übertragen. Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Rat durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 der EZB aufgetragen, wichtige Aufgaben der Aufsicht über die Banken in der Euro-Zone auszuüben. Die Bankenaufsicht wird als Teil der Bankenunion[23] angesehen, die ihrerseits ein Pfeiler der Wirtschaft- und Währungsunion (WWU) ist. Da die WWU nur diejenigen Mitgliedsstaaten umfasst, die den Euro als Währung haben und die Befugnisse der EZB als Institution der EU auf die Länder der Euro-Zone beschränkt sind, gab es in Art. 127 Abs. 6 AEUV eine dem Art. 114 AEUV vorrangige Rechtsgrundlage.[24]
1.2
Delegation und Durchführung
1.2.1
Delegation gemäß Art. 290 AEUV und Technische Regulierungsstandards (RTS)
Der AEUV bestimmt in Art. 290, dass der Gesetzgeber Befugnisse zu Ergänzung oder Änderung seiner Gesetzgebungsakte an die Europäische Kommission delegieren kann. Die Delegation muss sich darauf beschränken, nicht wesentliche Vorschriften des Gesetzgebungsaktes zu ergänzen oder zu ändern. Der Gesetzgeber hat eine diskretionäre Befugnis zu entscheiden, was wesentlich und was nicht wesentlich ist; der Gerichtshof kann nur eine Ermessensausübungskontrolle ausüben.[25] Die Delegationsnorm soll die Ziele, den Inhalt, den Geltungsbereich und die Dauer der Delegation ausdrücklich festlegen. Der von der Europäische Kommission angenommene delegierte Rechtsakt tritt erst in Kraft, nachdem der Rat und das EP innerhalb einer bestimmten Frist – im Bankaufsichtsrecht im Prinzip drei Monate mit einer Möglichkeit zur Verlängerung um wiederum drei Monate – keine Einwände erhoben haben. Der delegierte Rechtsakt wird erst nach dieser Frist oder einer vorherigen positiven Äußerung des Rates und des EP im Amtsblatt veröffentlicht.
Entgegen der ursprünglichen Meinung der Europäischen Kommission hat der Gesetzgeber entschieden, dass Art. 290 AEUV es ermöglicht, zusätzliche Bedingungen zu den im Art. 290 AEUV genannten an die Ausübung der Delegation zu knüpfen. So ist in manchen Fällen der Erlass eines delegierten Rechtsaktes durch die Europäische Kommission der Bedingung unterworfen, dass zuvor die EBA der Europäischen Kommission einen Entwurf vorgelegt hat. Wenn die Europäische Kommission von diesem Entwurf abweichen will, soll sie zuerst die EBA über die Gründe dafür konsultieren; die EBA kann dann einen neuen Entwurf vorlegen. Dieses Verfahren ist anwendbar auf die RTS[26] wegen des hauptsächlich technischen Charakters der Regelungen und um die besondere technische Expertise der EBA in der Normsetzung auf dem Gebiet des Bankaufsichtsrechts nutzbar zu machen. Realiter ermöglicht dieses System einen weitgehenden Einfluss der Mitgliedsstaaten auf den Inhalt der RTS, weil diese im Entscheidungsgremium der EBA durch die Vertreter ihrer nationalen Aufsichtsbehörden vertreten sind.
RTS und das dazugehörige Verfahren dürfen nicht erlassen werden, wenn die zu erlassende Maßnahme eine Wahl zwischen strategischen oder politischen Optionen beinhaltet.[27] Nach den Meroni-Doktrin des EuGH[28] sind solche Entscheidungen den Organen der EU gemäß Art. 13 Abs. 1 EUV vorbehalten. Agenturen der EU, wie die EBA, sind keine Organe der EU (Art. 13 Abs. 1 EUV) und demnach nicht befugt, über strategische oder politische Optionen zu entscheiden. Deshalb durfte und darf der Gesetzgeber diesen Behörden nicht die Befugnis geben, Entwürfe regulatorischer Akte zu machen, die eine solche strategische oder politische Wahl beinhalten und von denen die Europäische Kommission nur unter bestimmten engen Voraussetzungen abweichen kann.[29] Damit würden sie Einfluss auf die politische Entscheidung haben. Deshalb wird in den Gesetzgebungsakten zwischen politischen und rein technischen Ermächtigungsnormen unterschieden. Bei der ersten Kategorie wird keine Rolle für die EBA vorgesehen; die Europäische Kommission kann auf eigene Initiative handeln.
Nach ihrem Wortlaut sind RTS rein technische Regelungen und rechtlich gesehen Delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission.[30]
1.2.2
Durchführungsermächtigung gemäß Art. 291 AEUV und Technische Durchführungsstandards (ITS)
Für die Durchführung der Gesetzgebungsakte, der Rechtsakte des Rates und der Delegierten Rechtsakte sind die Mitgliedsstaaten zuständig. Damit diese Durchführung auf einer einheitlichen Grundlage erfolgt, kann der Gesetzgeber die Europäische Kommission beauftragen, uniforme Durchführungsbedingungen zu erlassen (Art. 291 AEUV). Sofern diese Bedingungen einen rein technischen Charakter haben, darf die EBA der Europäischen Kommission einen Entwurf für Technische Durchführungsstandards (Implementing Technical Standard (IST))[31] vorlegen, von dem die Europäische Kommission wieder nur unter bestimmten Voraussetzungen abweichen kann. In gewissen Fällen ist die Europäische Kommission befugt, auch ohne einen Entwurf der EBA Durchführungsbestimmungen zu erlassen.
1.2.3
Durchführungsbefugnisse der EZB
Der EZB sind im AEUV (Art. 132 Abs. 1 i.V.m. Art. 25 Abs. 2 der Statuten des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB) Regelungsbefugnisse zugeteilt. Zur Erfüllung der ihr übergetragenen Aufgaben kann sie Verordnungen, Beschlüsse, Empfehlungen oder Stellungnahmen erlassen. Diese Akte können nicht als delegierte oder Ausführungsakte bezeichnet werden, weil der AEUV diese Ausdrücke nur für Akte der Europäischen Kommission anwendet. Die SSM-VO stützt sich auf die im AEUV niedergelegten Regelungsbefugnisse. Sie enthält jedoch ergänzende Befugnisse wie diejenige zum Erlass von Leitlinien und Weisungen.
1.2.4
Durchführungsbefugnisse des SRB
Der SRB hat als EU-Agentur keine eigenen Regelungsbefugnisse, sondern lediglich solche zur Durchführung und Implementierung der SRM-VO. In den meisten Fällen wird der SRB mithin in der Form von Beschlüssen handeln. Gemäß Art. 31 Abs. 1 Buchst. a SRM-VO ist der SRB jedoch befugt, Leitlinien herauszugeben und allgemeine Anweisungen an die nationalen Abwicklungsbehörden zu richten, nach denen die Aufgaben auszuführen und Abwicklungsbeschlüsse zu fassen sind. In dieser Befugnis ist keine Regelungskompetenz des SRB zu sehen, sondern sie erklärt sich aus der Notwendigkeit, das Verwaltungshandeln verschiedener Akteure innerhalb des Verwaltungsverbunds des SRM zu koordinieren.
1.3
Soft law
Zwei Kategorien wichtiger, jedoch nicht verbindlicher Akte auf dem Gebiet des Bankaufsichtsrechts sollen wegen ihrer Bedeutung hier erwähnt werden:
Die Europäische Kommission publiziert anlassbezogen Mitteilungen über ihre Interpretation von Vorschriften der Gesetzgebungsakte. Diese Interpretation kann die Behörden oder Einzelpersonen natürlich nicht binden, dient aber als Leitlinie für die Anwendung der Vorschriften.
Eine zweite Kategorie nicht verbindlicher Akte sind die Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen, die durch die EBA publiziert werden können.[32] Diese dienen dazu, eine Koordinierung des Verhaltens der nationalen und europäischen (EZB) Aufsichtsbehörden zu bewirken. Rechtlich sind sie nicht verbindlich, aber faktisch haben sie eine starke Wirkung.[33] Erstens werden sie beschlossen durch das Aufsichtsgremium der EBA, in dem alle Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten und die EZB vertreten sind. Zweitens sind sie offiziell an die Aufsichtsbehörden oder Finanzinstitutionen gerichtet. Diese sind gehalten, alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um den Leilinien oder Empfehlungen nachzukommen. Wenn sie diesen nicht folgen wollen, müssen sie dafür ihre Gründe angeben (comply or explain). In einem solchen Fall wird die EBA diesen Umstand sowie ggf. auch die Gründe der Nichteinhaltung veröffentlichen.
Weitere Kategorien von Soft-Law-Instrumenten, welche keine rechtliche Verbindlichkeit haben, jedoch von erheblicher praktischer Bedeutung sind, betreffen die von der EBA herausgegebenen „Questions and Answers“ (Q&A)[34] sowie das SSM-Aufsichtshandbuch der EZB.[35]
2
Einzelne Rechtsquellen
Die Rechtsquellen des Bankenaufsichtsrechts werden unterschieden in institutionelle und materielle Rechtsquellen. Institutionelle Rechtsquellen sind diejenigen, die die Errichtung, Organisation und Befugnisse von europäischen Behörden im Bereich der Bankenaufsicht betreffen. Hierzu gehören die Verordnungen zur Schaffung der EBA und der European Securities and Markets Authority (ESMA), die SSM-VO und die SRM-VO. Die materiellen Rechtsquellen sind diejenigen, welche die Regeln beinhalten, die diese Behörde anzuwenden haben. Regelungsideal ist die Schaffung eines EU-weit gültigen Single Rulebook.[36]
2.1
Materielle Rechtsquellen
2.1.1
CRR/CRD-Paket
Das materielle EU-Bankaufsichtsrecht findet sich hauptsächlich in dem CRR/CRD-Paket. Unter dem Begriff CRR/CRD-Paket werden zwei Rechtsakte des Rates und des EP verstanden. Es handelt sich um die am 27.06.2013 in Kraft getretene VO (EU) 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012[37] (CRR) und die am 16.07.2013 in Kraft getretene RL 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (CRD IV).[38] sowie die RL 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten.