Ralph Beckmann  Heike Brost
Martin Faust (Hg.)

Unternehmensnachfolge im Mittelstand

 
 
4., komplett überarbeitete Auflage 2018
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ISBN 978-3-95647-077-6 (Print)
ISBN 978-3-95647-078-3 (PDF)
ISBN 978-3-95647-079-0 (ePub)
ISBN 978-3-95647-080-6 (Mobi)
4. Auflage 2018  © Frankfurt School Verlag | efiport GmbH, Adickesallee 32-34, 60322 Frankfurt am Main

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber
Teil I Unternehmensnachfolge – Grundlagen und Möglichkeiten
Unternehmensnachfolge im Mittelstand – Daten und Fakten in Deutschland
Heike Brost/Martin Faust
Ausgestaltung der Nachfolgestrategie – Strategische Dimensionen im Nachfolgemanagement
Holger Berg/Christine K. Volkmann/Lambert T. Koch
Psychologische Hürden der Unternehmensnachfolge aus Sicht des Senior-Unternehmers
Stefan Bieler
Abschluss von Eheverträgen
Marco Wicklein
Minderjährige Gesellschafter
Michael Kühn
Unternehmertestament – Gestaltungshinweise für eine unverzichtbare Interimsregelung
Stephan Grollmann
Beratung bei der Unternehmensnachfolge
Karen Krämer
Die Rolle der Kommunikation bei der Unternehmensnachfolge
Jutta Rubach/Detlef Koepke
Auswahl eines familieninternen Nachfolgers
Birgit Felden
Unternehmensnachfolge und Familiengerechtigkeit – Licht und Schatten
Ralph Beckmann
Rechtliche und steuerliche Fragestellungen
Werner H. Born
Vorsorgeplanung des Altgesellschafters
Andreas Krenzin
Versorgungsleistung und Nießbrauch
Stefan Berbott
Rechtliche und steuerliche Fragestellungen
Michael Kühn/Susanne Weigenand
Chancen und Risiken entgeltlicher sowie teilentgeltlicher familieninterner Unternehmensnachfolge
Bernd Meyer/Jochen Ball
Finanzierung und Fördermöglichkeiten
Alexander Hahn
Management Buy-out als Finanzierungsinstrument der Unternehmensnachfolge
Matthias Hoffelner
Finanzinvestoren versus strategische Investoren
Andreas Laudien/Marc Peter Schilling
Verkauf an Finanzinvestoren
Christoph Schalast/Gregor Wedell
Börsengang zur familienexternen Nachfolgeregelung
Andreas John/Ilke Moldenhauer
Verkaufsprozess und Kaufpreisfindung bei der familienexternen Nachfolge
Marcus Fischer
Finanzierung von Unternehmensnachfolgen
Alexander Hahn
Stiftungen als Instrument der Unternehmensnachfolge
Sibylle Brodkorb
Konsens statt Gleichheit – Ein Übergang in die dritte Generation
Beatrice Rodenstock
Leitbild der Unternehmensnachfolge: Mutig machen
Per Liljenqvist
Teil II Unternehmensnachfolge als Beratungsdienstleistung von Finanzdienstleistern
Strategische Optionen einer Bank
Ralph Beckmann
Unternehmensnachfolge aus Sicht des Geschäftsfeldes Firmenkunden
Jürgen Lodemann
Unternehmensnachfolge im Rahmen der ganzheitlichen Beratung vermögender Kunden
Martin Faust
Perspektive Investmentbanking/M&A-Beratung
Karl-Michael Krüger
Autorenverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

Seit der letzten Auflage dieses Buches sind fünf Jahre vergangen. Auch in dieser Zeit gab es gelungene und weniger gelungene Unternehmensnachfolgen, die zum Teil medial begleitet oder zumindest kommentiert wurden. Dennoch waren es nicht die Unternehmerfamilien und deren Unternehmen, die in den letzten Jahren mit der Nachfolge Schlagzeilen machten. Vielmehr haben die Rechtsprechung und die Gesetzgebung einmal mehr von sich reden gemacht. Darüber hinaus zeigen uns die Statistiken, dass die Anzahl der betroffenen Unternehmen in den letzten Jahren gestiegen ist. Zudem hat der Komplexitätsgrad einer Unternehmensnachfolge weiter zugenommen. So sind wir nach wie vor überzeugt, dass eine Unternehmensnachfolge ein Vorgang von solch außergewöhnlicher Komplexität ist, dass er allein mit steuerrechtlicher oder juristischer Expertise oder auch psychologischem Feingefühl nicht zu lösen ist. Dies wird uns bei der täglichen Auseinandersetzung mit dem Thema „Unternehmensnachfolge“ immer wieder bestätigt. Die gesetzliche Neuregelung des Erb- und Schenkungsteuergesetzes und die in den letzten Jahren darüber hinaus neu aufgekommenen Themen waren Anlass genug, die im Jahr 2012 erschienene dritte Auflage dieses Buches grundlegend zu überarbeiten und zu erweitern, die Beiträge sind zumeist auf dem Stand von Sommer 2017, teilweise sogar aktualisiert bis zum November 2017.
Bereits kurz vor Jahresende 2014 hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber zum wiederholten Mal zu Änderungen am Erbschaftsteuergesetz verpflichtet. Die während des Gesetzgebungsverfahrens heiß umkämpften Änderungen traten dann zu Beginn 2017 in Kraft, gelten jedoch rückwirkend ab dem 01.07.2016, die Änderungen der steuerlichen Unternehmensbewertung wirken sogar auf den 01.01.2016 zurück. Auch diese Reform hat die Gemüter von Steuerrechtlern und Unternehmern stark bewegt. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen Normal- und Großerwerben hat die Diskussion sehr emotional werden lassen und zeitweise darüber hinweggetäuscht, dass die Normalerwerbe den ganz überwiegenden Teil der Fälle ausmachen. Insgesamt wurden einige tiefgreifende Änderungen vorgenommen, über die Sie alles in den steuerlich geprägten Beiträgen unserer Neuauflage lesen werden. Dennoch liegen die wahren Probleme bei der Unternehmensnachfolge nicht im Bereich der Besteuerung.
Parallel zu den verschärften steuerlichen Rahmenbedingungen haben sich die deutschen Unternehmer – und in diesem Punkt unterscheiden sie sich ausnahmsweise nicht von den Unternehmern anderer Länder – nicht als besonders handlungsfreudig erwiesen. Die im vergangenen Jahr gestiegene Anzahl der Unternehmensübertragungen war rein steuerlich motiviert. Immer noch messen Unternehmer ihre Kinder allzu gern an der eigenen unternehmerischen Leistung und sind zudem der Überzeugung, dass ihre in langen Jahren gewonnene Erfahrung eine gute theoretische Ausbildung und jugendlichen Unternehmergeist übertrifft. Dies verstärkt das Problem.
Daneben wird die Unternehmensnachfolge allzu häufig mit dem Verkauf des Unternehmens verbunden. Dabei gehen nur ein Viertel der Unternehmen in die Hände von Management und Mitarbeitern und ein weiteres Viertel an externe Dritte über. Dementsprechend bleibt rund die Hälfte im Familienbesitz. Außerdem gewinnt man den Eindruck, dass sich die zahlreich vorhandenen Berater zu sehr auf Detailprobleme fokussieren und dementsprechend der Unternehmer von zu vielen Spezialisten beraten wird, die keine ganzheitliche Lösung im Blick haben. Das erhöht den Komplexitätsgrad unnötig und macht es den Unternehmern zusätzlich schwer.
Seit der Erstauflage im Jahr 2005 hat sich das Buch zu einem Standardwerk für Unternehmer sowie Berater entwickelt. Den betroffenen Unternehmern unter unseren Lesern soll dieses Buch eine Entscheidungshilfe sein. Darum haben wir den mit der letzten Auflage gewählten Aufbau der einzelnen Autorenbeiträge in unserem Herausgeberband beibehalten und folgen dem Entscheidungsbaum einer Unternehmensnachfolge. Somit findet der Leser im ersten Teil des Buches Antworten auf die grundlegenden Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge, wie beispielsweise nach dem richtigen Zeitpunkt, der Bedeutung einer Familienstrategie und dem Sinn einer Unternehmenskommunikation. Sodann sollte ein Unternehmer der Frage nachgehen, ob das Unternehmen im Eigentum seiner Familie bleiben soll oder ob er eine familienexterne Nachfolge bevorzugt. Mit den Fragen von Eheverträgen, der Übertragung auf Minderjährige, der Schenkungsteuer, der Kaufpreisfindung bei entgeltlicher Übertragung, der Stiftung und den Finanzierungserfordernissen beschäftigen sich die Autoren anschließend im zweiten Teil des Buches. Der dritte Teil beschreibt anschaulich Fallbeispiele. Der abschließende Teil enthält Beiträge zu den verschiedenen Strategien unterschiedlicher Beratergruppen. Hier erhalten die Berater unter unseren Lesern sicher wertvolle Hinweise und die Unternehmer unter ihnen erhalten eine Entscheidungshilfe, welcher Berater am besten zu ihnen passt.
Damit hoffen wir, der Zielsetzung des Buches, die erfolgreiche Planung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge im Mittelstand zu erleichtern, noch ein Stück näher gekommen zu sein. Diesem Zweck dienen auch die in den Fachbeiträgen enthaltenen Fallbeispiele und die Erfahrungsberichte aus der Praxis. Bei den Autoren handelt es sich um Experten aus der Praxis von Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzleien, Banken und Unternehmensberatungen. Sie alle hoffen, „den Stoff, aus dem die Nachfolgen sind“, ausreichend aufbereitet und genügend weiterführende Hinweise gegeben zu haben, vor dem eiligen Leser nicht zu viel Theoretisches ausgebreitet und genügend Raum für kreative Gestaltungen gelassen zu haben.
Wir danken allen Autoren für die interessanten Beiträge, die dieses akute Thema sehr facettenreich beleuchten, sowie dem Frankfurt School Verlag für die Unterstützung bei der Erstellung des Buches. Den Lesern wünschen wir eine anregende Lektüre und stehen für einen weiteren Gedankenaustausch gern zur Verfügung.
Frankfurt am Main, November 2017
Ralph Beckmann

Heike Brost

Martin Faust

Teil I
Unternehmensnachfolge – Grundlagen und Möglichkeiten

Unternehmensnachfolge im Mittelstand –
Daten und Fakten in Deutschland

Heike Brost/Martin Faust
 
1  
Der deutsche Mittelstand – Definition und Abgrenzung
2  
Übergabereife und übernahmewürdige Unternehmen
3  
Daten zur Unternehmensnachfolge in Deutschland
4  
Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Unternehmensnachfolge
5  
Volkswirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensnachfolge
Literatur
Zielsetzung dieses einleitenden Beitrages ist es, den Begriff des Mittelstandes zu konkretisieren sowie die Relevanz des Themas Unternehmensnachfolge für die Zielgruppe aufzuzeigen.
Es werden zunächst zwei in der Wissenschaft und Praxis oft verwendete Definitionen des Begriffes Mittelstand dargestellt. Hierbei erfolgt auch eine Abgrenzung zum häufig synonym verwendeten Begriff des Familienunternehmens. Anschließend werden Daten und Fakten zur Unternehmensnachfolge in Deutschland vorgestellt.

1  Der deutsche Mittelstand – Definition und Abgrenzung

Deutschland ist – anders als der anglo-amerikanische Raum – stark von einer mittelständischen Unternehmenskultur geprägt.
Der Begriff Mittelstand wird in den Medien und in der Politik sehr häufig verwendet. So werden die mittelständischen Unternehmen als Rückgrat der deutschen Wirtschaft hervorgehoben. Umso erstaunlicher ist es, dass keine einheitliche oder gar gesetzliche Abgrenzung von kleineren, mittleren und großen Unternehmen in Deutschland besteht. In der Wissenschaft und Praxis werden zumeist zwei Definitionen verwendet, die eine Unterscheidung anhand verschiedener Unternehmensdaten vornehmen.
Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) setzt den Begriff Mittelstand mit dem der kleinen Unternehmen (KMUs) gleich. Diese werden als unabhängige Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten und einem Umsatz von unter 50 Millionen EUR definiert.[1] Innerhalb der Gruppe der KMUs erfolgt eine weitere Differenzierung.
KMU-Definition des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn

Unternehmensgröße

Zahl der Beschäftigten

Umsatz pro Jahr

Kleinst

bis 9

bis 2 Mio. EUR

Klein

10 bis 49

über 2 bis 10 Mio. EUR

Mittel

50 bis 499

über 10 bis 50 Mio. EUR

Die EU-Kommission nimmt in ihrer Empfehlung eine Unterteilung in kleinste, kleine und mittlere Unternehmen vor.[2] Die Unterscheidung erfolgt anhand von drei Kriterien.[3]
KMU-Schwellenwerte der Europäischen Kommission

Unternehmensgröße

Zahl der Beschäftigten

Umsatz pro Jahr

Bilanzsumme

Kleinst

bis 9

bis 2 Mio. EUR

bis 2 Mio. EUR

Klein

bis 49

bis 10 Mio. EUR

bis 10 Mio. EUR

Mittel

bis 249

bis 50 Mio. EUR

bis 43 Mio. EUR

Beiden KMU-Definitionen ist gemein, dass sie eine weitgehende Unabhängigkeit der Unternehmen verlangen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die zu einer Unternehmensgruppe gehören, nicht zu den KMU gezählt werden. Die EU-Kommission fordert konkret, dass kein anderes Unternehmen einen Anteil von mehr als 25% am betreffenden Unternehmen besitzen darf.[4]
Aktuell existieren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa 3,6 Mio. Unternehmen in Deutschland.[5] Gemäß der KMU-Definition des IfM Bonn zählen 99,6% der Unternehmen zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Auf sie entfallen 35,3% aller Umsätze und 58,5% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.[6]
Von dem Begriff des KMU ist das Familienunternehmen abzugrenzen. Beide Begriffe werden in der Praxis häufig synonym behandelt. Dies ist jedoch nicht sachgerecht.
Gemäß der Definition des IfM ist das wesentliche Merkmal eines Familienunternehmens, dass die Eigentums- und Leitungsrechte in der Person der Unternehmerin/des Unternehmers bzw. deren Familie vereint sind. Somit besteht eine Einheit von Eigentum und Leitung. Konkret liegt ein Familienunternehmen gemäß IfM dann vor, wenn:
  • bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen mindestens 50% der Anteile eines Unternehmens halten und

  • diese natürlichen Personen der Geschäftsführung angehören.[7]

Die Unternehmensgröße ist für die Einstufung als Familienunternehmen durch das IfM nicht relevant. Somit können auch große Unternehmen von Einzelpersonen oder Familien geführt werden. Die Rechtsform ist ebenfalls unerheblich. Es kann sich sowohl um Einzelunternehmen als auch um Personen- oder Kapitalgesellschaften handeln.
Das Institut für Mittelstandsforschung hat auf der Basis seiner Definition ermittelt, dass etwa 95% der deutschen Unternehmen Familienbetriebe sind.[8]
Im Rahmen dieses Herausgeberbandes wird hinsichtlich der Abgrenzung der Begriffe ein pragmatischer Ansatz gewählt. Mit Blick auf die Praxisrelevanz des Themas Unternehmensnachfolge kann der Begriff des Mittelstandes mit dem des Familienunternehmens gleichgesetzt werden. In der Regel wird es sich auch um kleinere und mittlere Unternehmen handeln. Bei Unternehmen, die über eine breitere Eigentümerstruktur und/oder eine größere Unternehmensgröße verfügen, liegen zumeist Strukturen vor, die eine weitgehend reibungslose Unternehmensnachfolge gewährleisten.
Das wahrgenommene Maß an Kontinuität der Eigentumsverhältnisse bei Familienunternehmen mag durchaus höher sein als bei Kapitalgesellschaften. Gleichwohl sind Familienunternehmen weitaus anfälliger für Veränderungen in dem Sinne, dass der Betrieb auf einzelne Personen und im Extremfall auf eine Person zugeschnitten ist. Unweigerlich kommt in jedem Familienunternehmen der Zeitpunkt einer Übergabe an einen (oder mehrere) Nachfolger.

2  Übergabereife und übernahmewürdige Unternehmen

Ausgehend von den Erläuterungen des Instituts für Mittelstandsforschung liegt eine Unternehmensnachfolge vor, wenn in einem Familienunternehmen ein Leitungswechsel erfolgt, der in der Person des Eigentümers begründet liegt.[9]
Wird ein Rückzug des Eigentümergesellschafters aus persönlichen Gründen innerhalb der nächsten fünf Jahre stattfinden, so ist ein Unternehmen als „übergabereif“ anzusehen.
Allerdings ist nicht jedes übergabereife Unternehmen auch „übernahmewürdig“. Übernahmewürdige Unternehmen setzen vielmehr eine ökonomisch attraktive Verfassung des Betriebs voraus, die sich aus dem Ertragswert, also der Summe der diskontierten Gewinne der Zukunft, ableitet. Häufigste Einflussfaktoren auf diesen sind ein bekannter Name, ein eingeführtes Produkt, ein fester Kundenstamm oder eine gute Lage. Sind die zu erwartenden Gewinne aus dem Unternehmen höher als die durchschnittlich zu erwartenden Gewinne aus einem neu zu gründenden Unternehmen (oder in der Individualbetrachtung durchaus auch aus einer abhängigen Beschäftigung und Kapitalerträgen), so ist das zur Übergabe anstehende Unternehmen ökonomisch attraktiv. Dies kann nach Auffassung des Instituts für Mittelstandsforschung regelmäßig angenommen werden für Unternehmen, die als Jahresgewinn mindestens etwa 100.000 EUR ausweisen, bzw. bei Kapitalgesellschaften beträgt die Grenze aufgrund des zusätzlich anfallenden Geschäftsführergehaltes 0 EUR.[10]
Für Unternehmen, die unterhalb dieser Grenzen liegen, ist es schwierig, einen Käufer zu finden. Vielfach werden die Unternehmen geschlossen, wenn der Alteigentümer ausscheidet.
Ungeachtet dessen, dass auch nicht-finanzielle Erwägungen wie beispielsweise die Fortführung einer Familientradition eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Übernahme sprechen können, sind auf dieser Grundlage unter rein monetären Gesichtspunkten von etwa 3,5 Mio. Familienunternehmen ca. 700.000 übernahmewürdig. Dies entspricht einem Anteil von etwa 20%.[11] Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in voraussichtlich 80% aller Fälle mit dem Ausscheiden des Alteigentümers die Schließung des Unternehmens verbunden ist. In der Mehrzahl handelt es sich hierbei um Einzelunternehmen oder kleine Unternehmen, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr fortgeführt werden.
Betrachtet man die übernahmewürdigen Unternehmen, so beträgt ihre Zahl 27.000 pro Jahr.
Anzahl der übernahmewürdigen und übergabereifen Unternehmen[12]
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3  Daten zur Unternehmensnachfolge in Deutschland

Im Durchschnitt steht jährlich jedes zwanzigste Unternehmen vor der Nachfolgefrage. Das IfM schätzt konkret, dass in den Jahren 2014 bis 2018 insgesamt 135.000 Übertragungen stattfinden werden. Dies entspricht den bereits genannten 27.000 Unternehmen jährlich. Pro Jahr sind hiervon knapp 300.000 Beschäftigte betroffen.[13]
Die nachfolgende Abbildung analysiert die Jahre 2010 bis 2014 und gibt neben der Zahl der Unternehmensübertragungen auch die Zahl der betroffenen Beschäftigten und die Übernahmegründe an.
Unternehmensübertragungen im Zeitraum 2012 bis 2014 und Übergabegründe[14]
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Der weitaus häufigste Übergabegrund ist das Alter des bisherigen Eigentümers; ein planbares Ereignis sozusagen. Nur etwa jedes sechste der betroffenen Unternehmen muss mehr oder weniger plötzlich einen Nachfolger finden, weil der Alt-Eigentümer stirbt oder seine gesundheitliche Situation ein Weiterführen des Betriebes nicht mehr erlauben.
Die Mehrzahl der zur Übergabe anstehenden Unternehmen kommt aus dem Dienstleistungssektor sowie dem produzierenden Gewerbe und dem Handel.[15]
Unternehmensübertragungen im Zeitraum 2014 bis 2018 nach Wirtschaftszweigen[16]
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Differenziert nach Bundesländern ergibt sich ein der Größe des jeweiligen Landes in etwa entsprechendes Bild. So stehen beispielsweise in Hessen im Fünfjahreszeitraum 2014 bis 2018 etwa 10.600 Unternehmensübergaben an. Die höchste Zahl an Unternehmensnachfolgen mit über 29.000 ist in Nordrhein-Westfalen zu erwarten, da dort auch der größte Bestand an Unternehmen konzentriert ist.[17]
Unternehmensübergaben nach Bundesländern[18]
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4  Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Unternehmensnachfolge

Der demografische Wandel und damit die zunehmende Überalterung der Bevölkerung verbunden mit einer starken Abnahme der Geburten hat Auswirkungen auf die Zahl der in den nächsten Jahren zur Nachfolge stehenden Unternehmen, aber auch auf die Zahl der potenziellen Übernehmer. Die Folgen wurden in einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Jahr 2011 in Auftrag gegebenen Analyse untersucht.[19]
Nach dem zweiten Weltkrieg ist die Zahl der Geburten stark angestiegen und erreichte in den Jahren 1955 bis 1970 ihren Höhepunkt. Demgegenüber wurden im Jahr 2011 mit etwa 665.000 Kindern nur ca. 50% der Geburten des stärksten Jahrgangs 1964 erreicht. Die sich hieraus ergebenden Veränderungen in der Bevölkerungspyramide bleiben nicht ohne Folgen auch für die Unternehmensnachfolge.[20]
Die so genannte Nachkriegsgeneration erreicht in den nächsten Jahren das Rentenalter. Auch wenn für Unternehmer keine festen Altersgrenzen bestehen, so nimmt die Zahl der Personen, die sich mit dem Ruhestand und damit der Übergabe ihres Unternehmens beschäftigen, kontinuierlich zu. So hat sich der Anteil der Unternehmensinhaber im Alter ab 55 Jahren von 2002 bis 2015 auf 40% verdoppelt. Demgegenüber halbierte sich der Anteil der Inhaber, die unter 45 Jahre alt sind, auf 23%. Das Durchschnittsalter eines Unternehmensinhabers im Mittelstand erreichte 2015 mit rund 52 Jahren einen neuen Rekordwert und liegt nun sieben Jahre höher als noch 2002.[21]
Demgegenüber nimmt die Zahl der potenziellen Übernehmer ab. Die Mehrzahl der Übernehmer stammt aus der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen. Ihre Zahl dürfte zwischen 2010 und 2020 um etwa 15% sinken. Da die Anzahl der potenziellen Übernehmer auch im Jahre 2020 die Anzahl der anstehenden Übergaben deutlich übersteigt, ist gemäß der Schätzung bis zum Jahre 2020 keine generelle Nachfolgelücke zu erwarten.[22]
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHT) sieht ein steigendes Interesse, Firmen zu übernehmen. Ein großes Hemmnis stellt jedoch die notwendige fachliche Quaifikation dar, insbesondere in Industrie und Handwerk. Ein Angebotsüberhang besteht darüber hinaus insbesondere im Handel und in der Gastronomie. Der Anteil von Frauen beträgt nur etwa 25%, steigt jedoch kontinuierlich an.[23]
Eine genauere Analyse gestaltet sich schwierig, da neben dem demografischen Wandel auch weitere Faktoren Einfluss auf das Übernahmegeschehen haben. Dies sind z.B. die technologische und allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die Ausgestaltung des Steuer- und Abgabensystems und die Finanzierungsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt.

5  Volkswirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensnachfolge

Eine reibungslose Unternehmensnachfolge ist von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung, da mit einer gescheiterten Unternehmensübergabe regelmäßig der Verlust nicht nur hoher Vermögenswerte, sondern auch einer hohen Zahl an Arbeitsplätzen verbunden ist.
So wären für die zwei beispielhaft ausgewählten Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2014–2018 mehr als 150.000 bzw. 460.000 Mitarbeiter von einer Übernahme betroffen. Für Deutschland insgesamt ist von über 2 Mio. Menschen (im Fünfjahreszeitraum) bzw. 400.000 Menschen jährlich auszugehen.[24] Scheitert nur jede zehnte Übergabe, verlieren im Schnitt alleine durch Unternehmensnachfolgen jährlich knapp 40.000 Menschen ihren Arbeitsplatz.
Hinzu kommt die empirisch nachgewiesene Korrelation von Investitionsvolumen und Nachfolge. So kommt eine auf Basis ihres Mittelstandspanels durchgeführte Untersuchung der KfW-Bankengruppe zu dem Ergebnis, dass der Alteigentümer vor einer Übergabe Investitionen systematisch unterlässt oder in signifikant niedrigerem Umfang durchführt als bei vergleichbaren Bestandsunternehmen („Investitionsstau“).[25] Bereits im Jahr nach der Übergabe wird vom Neu-Eigentümer wieder deutlich mehr investiert. Die neuen Eigentümer eröffnen damit ihrem Unternehmen potenziell die Möglichkeit des Wachstums und beleben insofern den Wettbewerb.
Für die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist daher jede erfolgreiche Unternehmensübergabe positiv und ein Beitrag zur Sicherung des Standortes Deutschland. Das Thema Unternehmensnachfolge ist folgerichtig zwar nach wie vor ein vorrangig individuelles Problem, das der Eigentümer eines Unternehmens zunächst einmal selbst zu lösen hat. Aufgrund der Menge an betroffenen Unternehmen sowie darin Beschäftigten sind die ökonomischen Konsequenzen jedoch gesamtwirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich von hoher Relevanz.

Literatur

Europäische Kommission (2003): Empfehlung 2003/361/EG der Kommission, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 124 vom 20.05.2003.
Europäische Kommission (2006): Die neue KMU-Definition – Benutzerhandbuch und Mustererklärung, Brüssel.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (2016): DIHT-Report zur Unternehmensnachfolge 2016, Berlin 2016.
Gerstenberger, J./Schwartz, M. (2014): Mittelstand altert im Zeitraffer, Volkswirtschaft Kompakt Nr. 63, KfW Economic Research, Frankfurt a.M.
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2010): Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2010 bis 2014, Bonn.
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2013): Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Bonn.
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2017): Definition der Familienunternehmen des IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/definitionen/familienunternehmen-definition (Abruf: 01.02.2017).
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2017): KMU-Definition des IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn (Abruf: 01.02.2017).
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2017): Unternehmensbestand, http://ifm-bonn.org/statistiken/Unternehmensbestand (Abruf: 01.02.2017).
Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2017): Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU. Abzurufen unter http://www.ifm-bonn.org/statistiken/mittelstand-im-ueberblick (Abruf: 01.02.2017).
KfW Bankengruppe (2016): KfW-Mittelstandspanel 2016, Frankfurt a.M.
Schwartz,M./Gerstenberger, J. (2015): Alterung im Mittelstand bremst Investitionen, Fokus Volkswirtschaft Nr. 85, KfW Economic Research, Frankfurt a.M.
Statistisches Bundesamt, Unternehmensregister (2014): https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/UnternehmenHandwerk/Unternehmensregister/Unternehmensregister.html (Abruf: 01.02.2017).
Müller, K./Kay, R./Felden, B./Moog, P./Lehmann, S./Suprinovic, O./Meyer, S./Mirabella, D./Boerger, S./Welge, B./Coritnaia, I. (2011): Der Generationswechsel im Mittelstand im demografischen Wandel, Duderstadt.

Fußnoten:
[1] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn, KMU-Definition des IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn (Abruf: 01.02.2017).
[2] Vgl. Europäische Kommission, Empfehlung 2003/361/EG der Kommission, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 124 vom 20.05.2003, S. 36. Weitergehende Erläuterungen finden sich in Europäische Kommission, Die neue KMU-Definition – Benutzerhandbuch und Mustererklärung, 2006.
[3] Die Schwellenwerte für die Mitarbeiterzahl sind unbedingt zu beachten. Den KMUs steht es frei, entweder den Schwellenwert für den Umsatz oder den Schwellenwert für die Bilanzsumme einzuhalten. Die Obergrenzen müssen nicht in beiden Fällen eingehalten werden, um den KMU-Status zu erhalten. Vgl. Europäische Kommission, Die neue KMU-Definition – Benutzerhandbuch und Mustererklärung, 2006, S. 13.
[4] Vgl. Europäische Kommission, Empfehlung 2003/361/EG der Kommission, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 124 vom 20.5.2003.
[5] Vgl. Statistisches Bundesamt, Unternehmensregister 2014. Auch abzurufen unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/UnternehmenHandwerk/Unternehmensregister/Unternehmensregister.html (Zugriff 01.02.2017).
[6] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU. Abzurufen unter http://www.ifm-bonn.org/statistiken/mittelstand-im-ueberblick (Abruf: 01.02.2017).
[7] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Definition der Familienunternehmen des IfM Bonn, http://www.ifm-bonn.org/definitionen/familienunternehmen-definition (Abruf 01.02.2017).
[8] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Unternehmensbestand, http://ifm-bonn.org/statistiken/Unternehmensbestand (Abruf: 01.02.2017).
[9] Vgl. hierzu und im Folgenden Institut für Mittelstandsforschung, Bonn, Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Bonn 2013.
[10] Ebd., S. 8–10.
[11] Ebd., S. 8.
[12] In Anlehnung an: Institut für Mittelstandsforschung, Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Bonn 2013, S. 8.
[13] Ebd., S. 8 und 14.
[14] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung, Unternehmensnachfolge in Deutschland 2010 bis 2014, Bonn 2010, S. 32.
[15] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung, Unternehmensnachfolge in Deutschland 2014 bis 2018, Bonn 2013, S. 9.
[16] Ebd., S. 9.
[17] Ebd., S. 13.
[18] Ebd., S. 13.
[19] Vgl. Müller, K.; Kay, R.; Felden, B.; Moog, P.; Lehmann, S.; Suprinovic, O.; Meyer, S.; Mirabella, D.; Boerger, S.; Welge, B.; Coritnaia, I., Der Generationswechsel im Mittelstand im demografischen Wandel, Duderstadt 2011.
[20] Vgl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerungsstatistik.
[21] Vgl. KfW Bankengruppe, KfW-Mittelstandspanel 2016, Frankfurt a.M. 2016, S. 17. Und ausführlich Gerstenberger, J./Schwartz, M. (2014): Mittelstand altert im Zeitraffer, Volkswirtschaft Kompakt Nr. 63, KfW Economic Research, Frankfurt a.M.
[22] Ebd., S. 13.
[23] Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHT-Report zur Unternehmensnachfolge 2016, Berlin 2016.
[24] Institut für Mittelstandsforschung, Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Bonn 2013, S. 15.
[25] Schwartz, M./Gerstenberger, J., Alterung im Mittelstand bremst Investitionen, Fokus Volkswirtschaft Nr. 85, KfW Economic Research, Frankfurt a.M. 2015.

Ausgestaltung der Nachfolgestrategie – Strategische Dimensionen im Nachfolgemanagement

Holger Berg/Christine K. Volkmann/Lambert T. Koch
 
1  
Einleitung
2  
Unternehmensnachfolge als strategischer Prozess
3  
Gestaltungsdimensionen der Unternehmensnachfolge
3.1  
Personenbezogene Formen der Nachfolge
3.2  
Beziehung von Unternehmenseigner und Nachfolger
3.3  
Stakeholder – die Bedeutung externer und interner Interessensgruppen
3.3.1  
Mitarbeiter
3.3.2  
Kunden- und Lieferanten
3.3.3  
Kapitalgeber
3.3.4  
Die Eigentümerfamilie
3.3.5  
Integrierte Stakeholderbetrachtung
3.4  
Innovation versus Kontinuität
4  
Diskussion
Literatur

1  Einleitung[1]

Familienunternehmen bilden ein zentrales Element der deutschen Volkswirtschaft. Sie machen über 94% aller Unternehmen aus und erwirtschaften etwa die Hälfte des deutschen Bruttosozialproduktes.[2] Zu dieser Gruppe zählen eine Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch Unternehmen wie Bosch und Oetker, Haribo etc.[3] Beinahe jedes dieser Unternehmen wird in seiner Geschichte mit der Notwendigkeit der Nachfolge konfrontiert, wobei die mit diesem Prozess verbundenen Herausforderungen häufig unterschätzt oder ignoriert werden.[4] Dieser Beitrag wird aufzeigen, dass der Nachfolgeprozess das gesamte Unternehmen, seine Erfolgsaussichten sowie dessen Stakeholder massiv beeinflusst. Das Vorhandensein einer gründlich und möglichst langfristig geplanten Nachfolgestrategie ist daher eine conditio sine qua non für das Gelingen einer reibungslosen Unternehmensnachfolge.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Beitrag mit strategischen Fragen der Unternehmensnachfolge aus managementorientierter Perspektive. Im Fokus stehen Gesichtspunkte der Gestaltung und Lenkung des Unternehmens vor und nach dem Übergang sowie im Übergangsprozess selbst. Entsprechend dieser Zielsetzung wird im Folgenden zunächst die Unternehmensnachfolge als strategischer Teilprozess im Lebenszyklus eines Unternehmens untersucht, wonach eine Hinwendung zu einzelnen Dimensionen dieses Prozesses erfolgt. Wir unterstellen dabei einen geplanten Nachfolgevorgang, bei dem sich der oder die bestehenden Inhaber bewusst zur Übergabe des Unternehmens an einen oder mehrere Nachfolger entscheiden, womit sowohl der kapitalmäßige Übergang als auch der Transfer der wesentlichen Entscheidungskompetenzen gemeint ist.
Bei einer Nachfolge handelt es sich um einen Vorgang, der naturgemäß im laufenden Betrieb stattfindet und daher eine „Operation am schlagenden Herzen“ darstellt. Hinzu kommt, dass gerade in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Zuge dieses Vorgangs der häufig langjährige strategische Gestalter und somit die zentrale Konstante in der Unternehmensführung wechselt, wodurch sich für Unternehmen die Gefahr des Scheiterns erhöhen kann.[5] Da potenziell alle Bereiche eines Unternehmens von der Nachfolge betroffen sind, ist dieser Prozess aus strategischer Perspektive als ambivalent anzusehen: Neben der bisweilen unterschätzten Chance einer strategischen Neuausrichtung besteht zugleich die Gefahr, schwelende Missstände und Konflikte im Unternehmen und unter den Eigentümern zu Tage zu fördern. Klein (2013) spricht aus diesem Grunde auch von der Nachfolge als „Problemkatalysator“.[6] Der Nachfolger muss im Hinblick auf seine Strategieentwicklung daher bereit sein, flexibel zu agieren und Pläne ggf. schnell anzupassen, um neu erkannten Herausforderungen zu begegnen. Die Ausgestaltung einer Nachfolgestrategie kommt dementsprechend nicht mit einer einzigen Stoßrichtung bzw. einem starren Entwurf aus. D.h. die strategische Planung der Unternehmensnachfolge wird zu einem revolvierenden Prozess, der frühzeitig und nachhaltig überprüft und gestaltet werden will.

2  Unternehmensnachfolge als strategischer Prozess

Begreift man die Unternehmensnachfolge als den „Prozess des Übergangs von führungs- und kapitalmäßiger Verantwortung auf die nachfolgende Unternehmergeneration“[7], kann dieses Grundverständnis bereits erste Hinweise auf die eingangs thematisierte strategische Tragweite des Nachfolgeprozesses geben. Da hierbei die Ausgestaltungsmöglichkeiten denkbar vielgestaltig sind, erscheint zunächst eine weiter gefasste Herangehensweise sinnvoll, welche die große Bandbreite unterschiedlicher Fallkonstellationen einbezieht:
  • So kann sich der Übergang schon in zeitlicher Hinsicht sehr unterschiedlich gestalten – von abrupt eintretenden Ereignissen (Nachfolge wegen plötzlichen Todesfalls) bis zu jahrzehntelanger, akribischer Vorbereitung unter Berücksichtigung möglichst sämtlicher betriebswirtschaftlicher, rechtlicher, steuerlicher und psychologischer Aspekte.

  • Ebenso kann aus institutioneller Perspektive die Übergabe der Führungsverantwortung als relativ schlichter Übergang von einer Familiengeneration auf die nächste – gleichsam von Vater/Mutter auf Sohn/Tochter – erfolgen oder aber komplexe rechtliche und betriebswirtschaftliche Formen wie Betriebsaufspaltungen, Wechsel der Gesellschaftsform, Übergang zur Fremdgeschäftsführung etc. annehmen.

  • Gleiches kann auch für den Übergang der kapitalmäßigen Verantwortung gelten. Baumann/Seer/Krumm weisen darauf hin, dass neben der Steuerung des Prozesses auch verschiedene Interessensebenen berücksichtigt werden müssen, da beispielsweise das Kontinuitätsinteresse des Unternehmens von den Ansprüchen der Nachfolger oder Übergebenden als (natürlichen) Personen fundamental abweichen kann.[8] Zum Beispiel kann etwa das Interesse des Übergebers in der Erzielung eines möglichst hohen
    Kaufpreises liegen. Dies aber kann den Geschäftsaussichten des Unternehmens, den finanziellen Möglichkeiten der Nachfolger oder notwendigen Investitionsmaßnahmen im Rahmen des Übergabeprozesses entgegenstehen.

  • Weiterhin ist hervorzuheben, dass die wirtschaftliche Ausgangssituation einzelner zur Nachfolge anstehender Unternehmen unterschiedlich sein kann.[9] Die heterogene Bandbreite an Möglichkeiten reicht dabei vom florierenden Marktführer zum investitions- und innovationsbedürftigen „kränkelnden“ Betrieb, vom kleinen Handwerksunternehmen bis zum weltumspannenden Konzern.

Diese divergierenden Beispiele von Ausgangs- und Zielzuständen verdeutlichen bereits, dass die Ableitung einer einheitlichen Strategie zur Bewältigung aller Unternehmensnachfolgen grundsätzlich nicht möglich sein kann. Dennoch lässt sich durchaus ein systematischer Rahmen zur Strategiefindung zeichnen, welcher hier beschrieben und entwickelt werden soll. Statt also den zum Scheitern verurteilten Versuch zu unternehmen, fixe Normstrategien zur Nachfolgebewältigung ableiten zu wollen, werden Dimensionen angesprochen, die im Zuge einer Nachfolge zu beachten sind und sich in die strategischen Überlegungen des betroffenen Unternehmens einbeziehen lassen. Dabei verzichten wir an dieser Stelle allerdings auf eine explizitere Analyse steuerlicher und rechtlicher Aspekte, da diese in anderen Beiträgen des vorliegenden Werkes ausführlich zur Sprache kommen.
Die Nachfolge ist für ein Unternehmen häufig mit drastischen Umbrüchen verbunden. Dies liegt zumeist am Wechsel in der Führungsspitze, mit dem sich Führungsstil und -verständnis ändern können und somit eine neue Arbeitsumgebung für die verbleibenden Mitarbeiter im Unternehmen entsteht. Weiterhin kann mit dem Ausscheiden der alten Führung der Verlust wichtigen, insbesondere impliziten und intangiblen Wissens einhergehen, sofern es nicht gelingt, die spezifischen Erkenntnisse und Erfahrungen des Übergebenden im Unternehmen zu erhalten. Darüber hinaus führen Letmathe und Hill aus, dass Nachfolgen oftmals mit der Abwanderung von langjährigen Mitarbeitern verbunden sind, wodurch ein zusätzlicher Wissensverlust entsteht.[10] Auch hier muss entsprechend strategisch vorgebeugt werden, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
Im Rahmen aller Entscheidungen ist zu beachten, dass es sich bei einer Nachfolge um einen Prozess handelt, der für das Unternehmen konstitutiven Charakter besitzt und gleichzeitig pfadabhängig ist.[11] Mit anderen Worten wirkt sich jede Festlegung im Prozess grundlegend auf das Unternehmen aus und in dessen Zukunft fort. An dieser Stelle ist in erster Linie die Wahl des Nachfolgers anzuführen. Jegliches Für und Wider ist nicht nur für den Moment zu klären, sondern auch für die nähere und fernere Zukunft. Hieraus resultieren weitere strategische Erfordernisse, welche sich auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten auswirken. Letztere sollen für ausgewählte Dimensionen im folgenden Abschnitt dargestellt werden.

3  Gestaltungsdimensionen der Unternehmensnachfolge

3.1  Personenbezogene Formen der Nachfolge

Eine Unternehmensnachfolge ist ein Prozess, der sich bei allen wirtschaftlich notwendigen Überlegungen zwischen einer bestimmten Anzahl an beteiligten Personen abspielt. Folglich ist die Betrachtung personenbezogener Varianten der Nachfolge einer der wichtigsten Aspekte der Nachfolgestrategie. Hier geht es um die Frage der Abwägung, auf welche spätere Konstellationen die Nachfolge abzielen kann oder soll. Abhängig von den infrage kommenden Nachfolgern lassen sich dazu verschiedene Nachfolgeformen herauskristallisieren. Diese spannen sich in einem Netz zwischen den Dimensionen der unternehmensinternen und -externen sowie der familieninternen und -externen Nachfolge auf (vgl. nachstehende Tabelle). Hierbei ist zu beachten, dass die Nachfolge nicht nur durch eine Einzelperson, sondern auch durch ein Team angetreten werden kann, so dass auch Kombinationen zwischen den Formen möglich werden.
Personenbezogene Formen der Nachfolge

Familienseitige Dimension

Unternehmensseitige Dimension

 

Unternehmensintern

Unternehmensextern

Kombiniert

Familienintern

Der/die Nachfolger sind Teil der Familie und arbeiten bereits im Unternehmen (mit).

Der/die Nachfolger sind Teil der Familie und haben bisher noch nicht im Unternehmen mitgearbeitet.

Die Nachfolger sind Teil der Familie, wobei sowohl Beteiligte vorhanden sind, die schon im Unternehmen arbeiten, während andere von außen hinzukommen.

Familienextern

Der/die Nachfolger sind nicht Teil der Familie, arbeiten aber bereits im Unternehmen (Buy-out).

Der/die Nachfolger sind nicht Teil der Familie und arbeiten bisher nicht im Unternehmen (Buy-in).

Die Nachfolger sind nicht Teil der Familie, mindestens einer arbeitet bereits im Unternehmen (Buy-out), während weitere von außen hinzukommen.

Kombiniert

Der/die Nachfolger setzen sich aus Familienmitgliedern und Nichtfamilienmitgliedern zusammen, alle arbeiten bereits im Unternehmen.

Der/die Nachfolger setzen sich aus Familienmitgliedern und Nichtfamilienmitgliedern zusammen, keiner von ihnen arbeitet bereits im Unternehmen.

Der/die Nachfolger setzen sich aus Familienmitgliedern und Nichtfamilienmitgliedern zusammen, einige arbeiten bereits im Unternehmen, andere kommen von außen hinzu.

Aus der Systematik wird deutlich, dass eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten denkbar ist, wobei nicht im Vorhinein entschieden werden kann, welche dieser Formen strategisch grundsätzlich die vorteilhaftere ist.[12] Eine solche Eignung hängt vielmehr insbesondere von den persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften der Nachfolger in Kombination mit dem Zustand des Unternehmens sowie dessen Chancen und Risiken in seinem Markt ab. Ferner können hier die Perspektiven der unterschiedlichen Interessensgruppen (Stakeholder) von Bedeutung sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Familie des (Alt-)Eigentümers weiterhin Anteile in einer Höhe hält, die geeignet ist, die Entscheidungsfähigkeit des Unternehmens zu beeinflussen (siehe unten).
Beispielsweise kann eine familieninterne Nachfolge entweder zu einem besonders leichten Übergang oder zu besonders großen Schwierigkeiten führen. Von einem leichten Übergang ist etwa in solchen Fällen auszugehen, in denen alle Beteiligten sich auf einen Nachfolger einigen können, dieser eine sehr gute Beziehung zum Übergeber hat sowie mit dem Unternehmen vertraut und dort angesehen ist. Schwierigkeiten können hingegen entstehen, wenn Neid, Missgunst und ungünstige Anteilsverhältnisse die Wahl eines geeigneten Nachfolgers nicht zulassen, der Nachfolger mit dem Übergeber zerstritten ist oder der familieninterne Nachfolger im Unternehmen nicht angesehen ist („verwöhntes Söhnchen/Töchterchen“, „von Beruf Sohn“ usw.).
Die Wahl der personenbezogenen Nachfolgeform ist aus strategischer Sicht also nicht per se vorbestimmt. Es obliegt vielmehr den beteiligten Personen, im Einzelfall über die richtige Wahl zu entscheiden. Zwar kann aus unternehmensstrategischer Sicht gefolgert werden, dass die fachliche und persönliche Eignung ausschlaggebend sein sollte – im komplexen Geflecht zwischen Unternehmen und Familie[13] kann dies jedoch nicht als selbstverständlich angenommen werden, bzw. die Auffassungen darüber, was unter Eignung zu verstehen ist, können stark divergieren. Aus strategischer Perspektive ist daher zunächst eine systematische Bewertung unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile notwendig, welche vor dem Hintergrund des aktuellen Zustandes des Unternehmens zum einen ein Anforderungsprofil potenzieller Nachfolger formuliert und zum anderen die existierenden Nachfolger auf ihre Eignung hin untersucht. In beiden Fällen muss dann ggf. eine Anpassung der Nachfolgestrategie an die gegebenen Umstände erfolgen.
Zum Gelingen der Übergabe können unabhängige, auf Nachfolgefragen spezialisierte Berater von außen, die vor dem Nachfolgeprozess keine Beziehung zum Unternehmen und den Beteiligten unterhalten haben, von besonderem Wert sein.[14] Gleichzeitig kann es sich gerade bei kleineren Familienunternehmen anbieten, langjährige externe Vertraute beispielsweise aus befreundeten Unternehmen hinzuzuziehen, welche unter Umständen bereit sind, derartige Prozesse zu begleiten. In beiden Fällen ist es wichtig, die Beratenden sorgfältig auszuwählen und frühzeitig in die Nachfolge einzubinden.
In der Regel sind vor allem Steuer- und Unternehmensberater, Rechtsanwälte und Notare sowie seltener Coaches und Merger- und Akquisitionsberater in die Ausgestaltung der Nachfolge involviert.[15] Auch diese Experten stehen in einem bestimmten Verhältnis zu den Nachfolgeparteien. Während es also beispielsweise sinnvoll sein kann, dass Übergeber und Übernehmer jeweils einen eigenen Steuerberater, Rechtsanwalt etc. engagieren, um ihre Interessen vertreten zu sehen, kann die Schaffung von Konsens, Transparenz und Perspektive, etwa durch einen unabhängigen Unternehmensberater, auf den sich alle einigen können, ebenso wichtig sein. Hierbei ist u.a. zu bedenken, dass letztendlich eine sachgerechte gemeinsame Entscheidung zur Übernahme und ihrem Ablauf getroffen werden muss. Vorherige Erfahrungen mit Nachfolgen und der relevanten Branche sowie die Beziehungen der involvierten Berater zu den Beteiligten gehören mithin entscheidend zu Kriterien der strategischen Wahl.

3.2  Beziehung von Unternehmenseigner und Nachfolger

Aus Sicht eines Nachfolgers birgt die Übernahme eines etablierten Unternehmens insgesamt gesehen niedrigere Risiken als der Aufbau eines völlig neuen Unternehmens, das innerhalb der ersten fünf Jahre eine Phase mit besonders hohem Insolvenzrisiko durchläuft. Insofern stellt sie für den interessierten Unternehmer eine valide Alternative zu einer Unternehmensgründung dar. Allerdings kommen hier der Neueintritt in eine bestehende Organisation und vor allem das Ersetzen einer etablierten Führungsfigur als kritische Momente hinzu.
Im Sinne einer weiteren Gestaltungsdimension der Übergabe ergeben sich hier verschiedene, gesondert zu betrachtende Bereiche: Aus informationsökonomischer Perspektive liegt zunächst die Analyse der potenziell divergierenden Motive und Interessen beider Parteien nahe, wie sie traditionell beispielsweise in Ansätzen der Prinzipal-Agententheorie ausgearbeitet werden.[16] Auf diese Weise lassen sich gegenläufige Ansinnen und potenzielle Konfliktbereiche aufdecken. Das Wissen um derartige Fallstricke ist für beide Parteien hilfreich, ist es doch ein Spezifikum der Unternehmensnachfolge, dass die Rollen von Prinzipal und Agent nicht eindeutig verteilt sind, sondern aufgrund verschiedener und im Zeitablauf veränderlicher Abhängigkeiten wechseln.[17] Beispielsweise ist der Übernehmer, insbesondere, wenn es sich um eine unternehmensexterne Nachfolge handelt, darauf angewiesen, dass der Übergeber ihn korrekt über sämtliche die Übernahme betreffende Einzelheiten informiert (z.B. Eigentumsverhältnisse, den Zustand des Unternehmens, bestehende und etwaige zukünftige Risiken etc.) und sein Bestmögliches tut, um die Nachfolge im Sinne der wichtigsten Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter usw.) kontinuierlich und erfolgreich zu gestalten. Gleichzeitig ist der Übergeber darauf angewiesen, dass sein Nachfolger Abreden einhält, die im Rahmen der Abwicklung getroffen wurden (beispielsweise im Hinblick auf Rentenzahlungen, den Umgang mit der übergebenden Familie, anderen Familienmitgliedern, Mitarbeitern usw.).
Aus diesen Überlegungen lassen sich für die strategische Ausgestaltung einer Nachfolge weitere Aspekte ableiten. Es zeigt sich, dass die Wahl des Nachfolgers und das Verhältnis von Übergeber zu Übernehmer das vielleicht ausschlaggebendste Erfolgsmoment für die Zukunft des Unternehmens darstellt.[18] Hier ist die Ausgestaltungsform (unternehmensintern/-extern, familienintern/-extern, kombiniert) zunächst irrelevant, da die oben ausgeführten Überlegungen prinzipiell für jede dieser Varianten zutreffen können.
Zur strategischen und operativen Lösung der Problematik können verschiedene Instrumente genutzt werden. Wie angedeutet, kommen hier namentlich die klassischen Instrumente der Neuen Institutionenökonomie zur Gestaltung des Verhältnisses von Prinzipal und Agent in Frage, die sich aus den Kategorien Screening, Signalling, Incentives und Monitoring ableiten lassen.[19] Die Durchführung einer angemessenen Due Diligence zur Aufdeckung möglicher Missstände (hidden information) und die anschließende Gestaltung von Verträgen sowie die Schaffung von Transparenz zur Vermeidung von Informationsasymmetrien sind hier also von zentraler Bedeutung. Dabei dienen Verträge auch als Strategiemanifestation in dem Sinne, dass die angestrebte Nachfolgelösung und -entwicklung in schriftlich fixierte und bindende Entscheidungen überführt werden. Weiterhin spielt natürlich auch die Entwicklung des zwischenmenschlichen Verhältnisses eine wichtige Rolle. Beispielsweise ist der Aufbau von Vertrauen von besonderer Bedeutung. Für die Ausgestaltung des Nachfolgeprozesses als Übergabe von Verantwortung und Entscheidungsbefugnis liegen bereits verschiedene Modelle vor, die als Instrumente herangezogen werden können.[20]
Letmathe und Hill weisen ferner daraufhin, dass die Passung der Personen in Führungsstil und strategischer Ausrichtung eine erfolgsbestimmende Variable der Übernahme sein kann.[21] Sie postulieren, dass ein zu starkes Abweichen des Führungsstils zu Unsicherheiten und Verwerfungen im Unternehmen führt, da die Mitarbeiter die Veränderung des interpersonellen Umgangs nur bedingt verarbeiten bzw. nachvollziehen können. In diesem Kontext ist die Kontinuitätshypothese von besonderer Bedeutung, die besagt, dass ein Unternehmen nach dem Übergang des Unternehmens auf den Nachfolger in seinen wesentlichen Strukturen weitergeführt werden soll. Wir werden jedoch weiter unten erläutern, dass dies nicht notwendigerweise der Fall sein muss oder sollte. Gerade aus langfristiger Perspektive kann auch eine Nachfolge gelingen, bei der eine strategische Neuausrichtung erfolgt und sich der Führungsstil verändert.